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Politik: Pentagon droht mit neuer Eiszeit

Sprecher warnt vor Anklage gegen Rumsfeld in Deutschland / Bundesregierung gibt sich gelassen

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Berlin - Zwischen Washington und Berlin fallen schon wieder harsche Töne. Nachdem Verteidigungsminister Peter Struck Ende vergangener Woche die US-Kritik an der deutschen Unterstützung für den Irak als „Unverschämtheit“ bezeichnet hatte, gibt es diesmal neue Verbalattacken aus Washington. Das US-Verteidigungsministerium drohte am Montag offen mit einer Verschlechterung der deutsch-amerikanischen Beziehungen, sollte in Deutschland ein Verfahren gegen US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld eröffnet werden. Hintergrund ist eine in Deutschland eingereichte Anzeige der Menschenrechtsorganisation Center for Constitutional Rights (CCR) gegen Rumsfeld wegen der Folteraffäre im Irak. „Sollte es gelingen, einen abenteuerlustigen Staatsanwalt für eine dieser leichtsinnigen Klagen zu gewinnen, dann könnte das die Beziehungen zwischen beiden Staaten beeinträchtigen“, sagte Pentagon-Sprecher Lawrence DiRita der Agentur AFP. Jede Regierung, insbesondere aber ein Nato-Verbündeter, verstehe die potenziellen Auswirkungen auf die Beziehungen zu den USA, sollte eine derartige Klage „das Tageslicht erblicken“. Später relativierte ein Sprecher diese Bewertung: Es sei unwahrscheinlich, dass daraus eine neue Verstimmung zwischen den USA und Deutschland erwachsen könne, sagte er.

In Berliner Regierungskreisen hieß es am Dienstag, man wolle die Äußerungen nicht überbewerten. Im Übrigen sei wegen der Unabhängigkeit der Justiz jede Einflussnahme der Exekutive auf die Bundesanwaltschaft ausgeschlossen. In Berlin war zuletzt von einer „Charme-Offensive“ beider Seiten die Rede gewesen. Allerdings hatte Rumsfeld zuvor schon gedroht, seine Teilnahme an der Sicherheitskonferenz in München in Februar abzusagen.

Die Menschenrechtler hatten Ende November Rumsfeld, weitere US-Regierungsbeamte und Militärs wegen Kriegsverbrechen und Folter im Gefängnis Abu Ghraib bei der Bundesanwaltschaft angezeigt. Sie berufen sich auf das im Juli 2002 in Kraft getretene Völkerstrafgesetzbuch, wonach im Ausland von Ausländern begangene Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit auch hier zu Lande verfolgt werden können. Unter Rechtsexperten gilt es allerdings als fast ausgeschlossen, dass die Bundesanwaltschaft Anklage gegen Rumsfeld erheben wird. Sollten dennoch Ermittlungen eingeleitet werden, können diese erleichtert eingestellt werden. Taten im Ausland muss der Generalbundesanwalt nicht weiterverfolgen, wenn sich der Tatverdacht weder gegen einen Deutschen richtet noch das Opfer ein Deutscher war. Vor dem Hintergrund diplomatischer Empfindlichkeiten wäre es kein Wunder, wenn Kay Nehm von dieser Möglichkeit Gebrauch machen würde.

Diplomatische Immunität schützt Rumsfeld übrigens wohl nicht vor dem Zugriff deutscher Behörden. Zwar reist der Außenminister mit einem Diplomatenpass, er ist jedoch kein in Deutschland akkreditierter Diplomat. Bislang gab es 26 Anzeigen in Karlsruhe nach dem Völkerstrafgesetzbuch. In keinem einzigen Fall wurde ermittelt.

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