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Personalkarussell: SPD will Krise rasch beenden

Die SPD-Ministerpräsidenten von Brandenburg und Rheinland-Pfalz, Matthias Platzeck und Kurt Beck, wollen den SPD-Gremien morgen vorschlagen, wer von ihnen als Nachfolger Franz Münteferings zur Verfügung steht. Müntefering hält sich die Entscheidung über einen Eintritt in das Bundeskabinett offen.

Berlin - In der SPD zeichnet sich nach dem angekündigten Rückzug von Parteichef Franz Müntefering eine rasche Lösung der Nachfolgefrage ab. Beck sagte am Dienstag in Mainz, er und Platzeck wollten sich noch am Dienstagabend in Berlin treffen. Beide waren als mögliche Nachfolger Münteferings als Parteichef genannt worden.

SPD-Chef Franz Müntefering hält sich die Entscheidung über einen Eintritt in das Bundeskabinett weiterhin offen. Dazu müssten zunächst die Voraussetzungen geschaffen werden, sagte SPD-Sprecher Lars Kühn der dpa am Dienstag. Er widersprach damit Darstellungen, dass die Entscheidung bereits gefallen sei.

Als Voraussetzung habe Müntefering genannt, dass die Verhandlungen über eine große Koalition mit der Union erfolgreich abgeschlossen seien, der Parteitag dazu sein Votum gegeben und ihm zugleich den Auftrag erteilt habe, als Arbeitsminister und Vizekanzler ins Kabinett einzutreten, sagte Kühn.

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) hatte zuvor in Mainz mitgeteilt, Müntefering werde ins Kabinett wechseln. Müntefering habe ihm in einem Telefonat seine Bereitschaft für den Fall mitgeteilt, dass der brandenburgische Ministerpräsident Matthias «Platzeck oder ich Vorsitzender wird».

Wieczorek-Zeul verzichtet auf erneute Kandidatur

Die stellvertretende Vorsitzende Heidemarie Wieczorek-Zeul kündigte an, auf ihr Parteiamt zu verzichten. In Berlin teilte sie mit: «Ich will diesem Generationswechsel nicht im Wege stehen.» Die Entwicklungsministerin war im Zusammenhang mit den Turbulenzen um die Nominierung der Parteilinken Andrea Nahles als Generalsekretärin in die Kritik geraten. Nahles will nach Angaben des designierten Verkehrsministers Wolfgang Tiefensee (SPD) nicht mehr antreten.

Nahles will «gemeinsame Lösung»

Nahles sagte im Deutschlandfunk, sie wolle eine «gemeinsame Lösung» für das neue Personaltableau der Partei. Dabei könne es nicht nur um den Posten des Generalsekretärs gehen. Wenn schon vor der Abstimmung ein Rücktritt Münteferings absehbar gewesen wäre, «wäre es nicht dazu gekommen», sagte die 35 Jahre alte frühere Juso-Chefin. Führende SPD-Politiker forderten einen kompletten Umbau der SPD-Spitze. Die Kritik an Nahles und Wieczorek-Zeul nahm am Dienstag zu, während sich zahlreiche Parteimitglieder hinter Müntefering stellten und ihn aufforderten, Parteichef zu bleiben.

Müntefering konnte seinen Wunschkandidaten für den Posten des Generalsekretärs, Kajo Wasserhövel, im Vorstand am Montag nicht gegen Nahles durchsetzen und erklärte danach seinen Rückzug. Mehrere SPD- Vorstandsmitglieder hatten Wieczorek-Zeul zunächst vergeblich aufgefordert, nicht mehr als SPD-Vize zu kandidieren, um Nahles dieses Parteiamt zu ermöglichen und den Konflikt zu entschärfen. «Der Konflikt wäre nicht durch den stellvertretenden Vorsitz zu lösen gewesen, denn es ging um die Frage eines politischen Generalsekretärs», erklärte Wieczorek-Zeul nun. Mecklenburg-Vorpommerns SPD-Chef Till Backhaus sprach von einem Netz, das gesponnen worden sei, um Nahles ins Amt zu hieven.

Neuaufstellung des SPD-Vorstands gefordert

Die SPD-Führungsgremien beraten an diesem Mittwoch über die Führung. «Eine völlige Neuaufstellung ist sofort überfällig», sagte Bundestagsfraktionsvize Joachim Poß der dpa. Mit einem neuen Parteichef würden die Karten neu gemischt, sagte der Parteilinke und Fraktionsvize Michael Müller im NDR.

Der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises in der SPD, Johannes Kahrs, forderte den Rücktritt des Vorstands. Dieser habe sich «disqualifiziert», sagte er der Hörfunkagentur dpa/RUFA.

«Rückholaktion» für Müntefering

Unter dem Motto «Wir wollen Franz» starteten SPD-Mitglieder im Internet eine Initiative, um Müntefering vom Rücktritt abzuhalten. «Die SPD braucht einen Vorsitzenden, hinter dem die ganze Partei steht», heißt es in dem Aufruf, in dem für Unterschriften geworben wird. Parteimitglieder wiesen Zweifel an der Verhandlungsmacht Münteferings bei den Koalitionsverhandlungen zurück.

«Er hat eine breite Unterstützung in der Partei», sagte Hessens SPD-Chefin Andrea Ypsilanti dem Sender SkyRadio Hessen. Kahrs forderte Müntefering zum Durchhalten auf. «Wir wollen ihn dazu bewegen, dass er bleibt», sagte er der «Welt» (Mittwoch).

Mehrere SPD-Politiker stärkten Nahles den Rücken. Ypsilanti sagte: «Sie hat sich Zustimmung weit über das linke Spektrum hinaus erworben.» Wasserhövels Scheitern bedeute keinen inhaltlichen Linksschwenk der SPD. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sagte dem Fernsehsender N24, Nahles sei eine herausragende Persönlichkeit in der SPD. (tso)

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