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Personelle Veränderungen: Unions-Politiker wollen Koch behalten

Führende Unions-Politiker sprechen sich für ein Bleiben Roland Kochs in der Politik aus. Dieser hält jedoch an seinem Rückzug fest. Die Abschiede und Umorientierungen der letzten Zeit setzen der CDU offenkundig zu.

„Helmut Kohl hat immer gesagt, die CDU sei eine Familie. Dieses Gefühl und der Zusammenhalt sind zunehmend schwächer geworden.“ So klagte Jürgen Rüttgers am Wochenende, hat dabei aber wohl vergessen, dass die CDU unter dem „ewigen Kanzler“ so familiär auch wieder nicht war – zumindest nicht für diejenigen, die im Gegensatz zu Rüttgers nicht zum inneren Kern der Familie um Kohl selber zählten. In der CDU gab es immer schon Zeiten, in denen es mit dem Zusammenhalt nicht so weit her war. Man denke zum Beispiel an den Bremer Parteitag von 1989, als sich eine ganze Riege von CDU-Oberen gegen Kohl verschworen hatte – wenn auch erfolglos.

Aber vielleicht hatte Rüttgers ja gar kein so harmonisches Familienbild vor Augen, sondern ein ganz anderes, der Wirklichkeit näher: Dass nämlich in Familien immer auch Streit herrscht, dass man sich zofft, zwischen den Generationen und quer durch die Hierarchien und Familienzweige. Dass die Großfamilie bei allen Differenzen aber auch immer wieder zueinander findet. Und keinen verstößt.

Die freiwilligen und unfreiwilligen Abschiede und Umorientierungen der letzten Wochen und Monate setzen der Partei offenkundig zu. Roland Koch, Jürgen Rüttgers, Christian Wulff, davor schon Günther Oettinger, noch früher Friedrich Merz, demnächst vielleicht Ole von Beust – es wirkt wie ein Wechsel vor der Zeit, der Abschied einer Generation in den besten Jahren. Einer Generation, zu der auch die Kanzlerin gehört. Die Ministerpräsidentenriege, in der CDU stärker als in der SPD ein Machtgegengewicht zu den Regierenden im Bund, besteht nur noch aus einflusslosen alten Herren wie Wolfgang Böhmer oder Peter Harry Carstensen und aus jungen, auch karrierehalber eher vorsichtigen Neulingen wie Stefan Mappus, Stanislaw Tillich oder David McAllister. Auch in Berlin gibt es derzeit kaum einen Querkopf.

Einige in der Union scheint angesichts dessen ein blümerantes Gefühl zu beschleichen. Vor allem der Abschied von Koch als hessischer Ministerpräsident gilt als Schlag – zumal dieser mit seiner Rede zwischen den Wahlgängen bei der schief gelaufenen Bundespräsidentenkür offenbar nochmals beeindrucken konnte und dabei Angela Merkel einerseits half (beim Ergebnis für Wulff), andererseits aber schadete (beim Eindruck unter den Delegierten). So hat am Wochenende Edmund Stoiber das Gefühl sich ausbreitender Leere in der CDU genutzt, um ein wenig zu sticheln. „Ich fühle mich bestätigt, dass man Roland Koch unbedingt in der Politik halten sollte“, sagte der einstige CSU-Chef spitz. Ähnliche Äußerungen notierte der „Spiegel“ von Elmar Brok, dem Europapolitiker, und Josef Schlarmann, dem obersten Mittelstandspolitiker der CDU. Koch habe „eine überragende Fähigkeit in wirtschafts- und finanzpolitischen Fragen. Deswegen würde ich ihn in der Politik halten“, sagte Brok. Näher ans Machtzentrum rückte Merkel-Kritiker Schlarmann: Der „kleine Kreis“ um die Kanzlerin „kann nicht all die schwierigen Fragen lösen, die im Moment anstehen. Sie muss Partei und Regierung personell besser aufstellen.“

Koch selber stellte allerdings klar, dass er sich im August aus der Politik zurückziehe. „Es bleibt dabei, es ändert sich nichts“, sagte er am Sonntag dem Hessischen Rundfunk. Er sei sicher, bald eine neue Aufgabe zu finden, auch wenn er damit rechne, dass er nach elfeinhalb Jahren als Ministerpräsident erst einmal „in ein wahres Loch fallen“ werde. So wie möglicherweise auch die CDU, in der nach fünf Regierungsjahren im Bund eine Umbruchphase begonnen hat.

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