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Politik: Petersburger Zwischentöne

Beim deutsch-russischen Regierungstreffen umgarnte Medwedew die Kanzlerin, und es gab Annäherung. Aber im Millimeterbereich

Bei den deutsch-russischen Regierungskonsultationen, die am Donnerstag bereits zum zehnten Mal stattfanden, wollen Teilnehmer beider Seiten bemerkt haben, wie Dmitri Medwedew Bundeskanzlerin Angela Merkel nach allen Regeln der Kunst „umgarnte“. Grund für die Charme-Offensive hatte der neue Kremlherrscher mehr als genug. Während sich parallel Minister, Topmanager und Kulturschaffende zum „Petersburger Dialog“ im prächtig restaurierten Sitz des russischen Verfassungsgerichts trafen, tagte 2500 Kilometer weiter westlich, in Straßburg, die Parlamentarische Versammlung des Europarates. Wichtigster Punkt: Die Kaukasus-Krise und mögliche Sanktionen gegen Russland wegen dessen aus westeuropäischer Sicht unangemessener Reaktion auf den Einmarsch Georgiens in Südossetien am 8. August.

Für Sanktionen reichte es zwar nicht. Die Forderung nach Rücknahme der Anerkennung Südossetiens und Abchasiens, die die internationale Gemeinschaft nach wie vor als unveräußerliche Bestandteile Georgiens betrachtet, blieb jedoch trotz Protests der russischen Delegation im Text der Resolution und steht bei der nächsten Sitzung im Januar erneut auf der Tagesordnung.

Das Thema beherrschte daher über weite Strecken auch die Diskussion in St. Petersburg. Mit Ergebnissen, die für Russland wenig beruhigend sind: Man war bemüht, nett zueinander zu sein, eine reale Annäherung der Standpunkte indes fand allenfalls im Millimeterbereich statt. „Wir“, sagte Merkel auf der gemeinsamen Abschlusspressekonferenz, „hatten Meinungsverschiedenheiten, und wir haben sie nach wie vor.“ Es gebe noch immer „keine zufriedenstellende Situation“, was die Achtung der territorialen Integrität Georgiens durch Russland angehe.

Unbefriedigt zeigte sich die Kanzlerin auch, weil Russland das Gros der EU-Beobachter bisher nicht in die so genannte Pufferzone einrücken ließ: Gebiete Georgiens, die unmittelbar an die abtrünnigen Regionen grenzen. Dort stehen gegenwärtig russische Truppen. Sie sollen bis 10. Oktober abziehen und durch 300 EU-Beobachter abgelöst werden. Dazu hatte Medwedew sich gegenüber Frankreichs Präsidenten Nicolas Sarkozy ausdrücklich verpflichtet. „Wir“ nähern uns „dem Punkt, wo die Bedingungen erfüllt sind“, sagte Merkel sichtlich bemüht, den Gastgebern dennoch Fortschritte zu bescheinigen. Die EU sollte daher jetzt nicht noch weitere Forderungen an Moskau „draufsatteln“.

Medwedew zeigte daraufhin Verständnis für deutsche Wünsche, über die Berlin jahrelang vergeblich verhandelte. Der Energiekonzern Eon soll nun doch an einem der größten Gasvorkommen in Nordwestsibirien beteiligt werden. Und der Einrichtung eines Goethe-Instituts in Nowosibirsk steht auch nichts mehr im Weg. Beide Politiker machten sich zudem für kollektive Lösungen zur Bewältigung der Finanzkrise stark. Dabei, sagte Merkel auch mit Blick auf den Krisengipfel mit Frankreich, Großbritannien und Italien, müsse es vor allem um Regeln gehen, die die G-8-Gruppe einbringen kann. Dass Russland dort bei Finanzfragen bisher nicht mit am Tisch saß, meinte Medwedew, nütze der Problemlösung nicht.

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