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Politik: Pflegekräfte für Demenzkranke fehlen

Stellen können nicht besetzt werden – es mangelt an Umschülern und Vergütungsregeln

Von Sabine Beikler

Berlin - Im Pflegebereich sieht Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) eine der „wichtigsten Zukunftsberufe“. Doch über die Entwicklung sei er „empört“, sagte der SPD-Politiker am Donnerstag. Den Negativtrend belegen Zahlen: Allein von 2001 bis 2007 sank die Zahl der Umschüler zum Altenpfleger von rund 17 500 auf 7300. Schieres Entsetzen gar dürfte eine weitere Zahl bei Scholz auslösen: Die von der Bundesregierung geförderte Betreuung von bundesweit 1,2 Millionen Demenzkranken durch zusätzliche Pflegekräfte kommt nicht voran. Nach Tagesspiegel-Informationen konnten bundesweit erst 54 Stellen besetzt werden – aus einem Bewerberpool von 28 000 bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) gemeldeten Arbeitssuchenden, die für die Betreuung infrage kommen (Stand: 27. Oktober).

Aus internen Unterlagen geht hervor, dass „die Höhe der Vergütung für Betreuungskräfte und die Abrechnungsmodalität in den meisten Ländern noch unklar ist“. Der Rahmen sollte schon lange zwischen dem GKV-Spitzenverband und den Pflegeheimvertretern ausverhandelt sein. „Den Pflegekassen liegen alle Anträge über Personen vor, die dement sind und betreut werden sollen. Wir warten immer noch auf die Anerkennung der Pflegekassen. Und das ist mehr als ärgerlich“, sagte Herbert Mauel, Geschäftsführer der Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste, der 6000 Einrichtungen mit 200 000 Heimplätzen vertritt. Doch nicht nur die Anerkennung fehlt, sondern auch eine Vergütungsregelung für die sogenannten Pflegeassistenten. Und das ist wiederum Ländersache. Darauf verweist eine Sprecherin des GKV- Spitzenverbandes. Es sei klar, „dass das unterschiedlich schnell vorangeht“. Dem Vernehmen nach sollen Berlin, Bremen und das Saarland kurz vor einem Abschluss stehen. Das Jahresgehalt einschließlich Sozialabgaben soll zwischen 30 000 und 34 000 Euro liegen.

Angesichts des speziellen Berufsbilds seien die Angebote nicht nur für Langzeitarbeitslose, sondern auch für Altenpfleger gedacht, die körperliche Einschränkungen hätten, sagt Olaf Möller von der Berliner Regionaldirektion für Arbeit. „Niemand wird gezwungen, Demenzkranke zu betreuen.“ Auch in der Hauptstadt konnte von 50 Angeboten aufgrund der fehlenden Vergütungsregelungen bisher keine Stelle besetzt werden.

Das Bundesgesundheitsministerium fordert von den Pflegekassen jetzt „mit Nachdruck eine zügige Umsetzung“, hieß es. Mit der am 1. Juli in Kraft getretenen Pflegereform dürfen die Pflegeheime bundesweit 10 000 neue Betreuer einstellen, die keine Pflegeleistungen übernehmen, sondern Demenzkranken vorlesen oder sie füttern sollen. Für je 25 Demenzkranke darf jedes Heim eine zusätzliche Kraft anstellen, die aus den Geldern der Pflegeversicherung bezahlt wird.

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