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Politik: Pickelig

Foto: Rückeis / Montage: DP HINTER DEN LINDEN Wie viele haben mitgemacht? Die Hälfte oder mehr?

Von Hans Monath

Foto: Rückeis / Montage: DP

HINTER DEN LINDEN

Wie viele haben mitgemacht? Die Hälfte oder mehr? Einige rot-grüne Minister jedenfalls wollten in ihrer Jugend die Welt radikal umkrempeln, entweder im Straßenkampf oder in den endlosen Sitzungen von K-Gruppen. Die linken Fraktionen stritten darum, wer der Erbe der revolutionären Helden aus der Arbeiterbewegung wie Lenin und Trotzkij war. Nur Stalin hatte unter den 68ern nicht sehr viele Freunde. „Die großen Gesänge“ (so der Titel eines Buches über Führerkult) sind längst verstummt, inzwischen sitzen die Führer der deutschen Linken im Kanzleramt und treffen im Koalitionsausschuss ohne jeden Gesang und ohne musikalische Begleitung historische Entscheidungen – etwa über versicherungsfremde Leistungen, die elektronische Patientenkarte oder das Hausarztprinzip. Während SPD und Grüne so am Donnerstag über die Tabaksteuer debattieren, macht eine Meldung die Runde: Oskar Lafontaine vergleicht seinen Nachfolger mit Stalin und sich selbst mit Trotzki. Ausgesprochen warmherzige Gefühle provoziert er damit nicht, weshalb beim Lesen der Agentur-Nachricht in der Runde mehrfach das Wort „Eispickel“ fällt. Trotzki, mit dem sich Lafontaine identifiziert, war mit einem solchen Instrument 1940 in Mexiko von einem Sowjet-Agenten ermordet worden. Bei einer Flucht vor den Schergen des SPD-Terrors sollte sein saarländischer Nachfolger Mittelamerika also lieber meiden. Noch was: Trotzki forderte die „permanente Revolution“. Dauernde Umwälzung, predigen die nicht heute die Wirtschaftsbosse? Bevor Lafontaine aus Angst die Koffer fürs Exil packt, sollte er das gefährliche Trotzki-Erbe lieber schnell an einen Spitzen-Manager abtreten.

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