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Politik: Plaudernder Polit-Privatier

Lafontaine trifft Gysi – und rechnet mal wieder mit allen ab

Nein, zum großen Knall kam es nicht. Oskar Lafontaine rief am Sonntagmittag im Deutschen Theater in Berlin keine neue Linkspartei aus. Stattdessen entschuldigte sich der ehemalige SPD-Chef, den Gregor Gysi zu sich aufs Plauder-Sofa geladen hatte, für die vage Allgemeinheit, in die er seine Zukunftspläne kleidete. „Ich signalisiere die Bereitschaft, mich stärker zu engagieren!“ So jedenfalls bewertete Lafontaine selbst seine jüngste Allgegenwart in den Medien. Und auch die Notwendigkeit einer Linkspartei drückte Lafontaine in eine Drohung gekleidet aus. „Wenn die SPD die Menschen nicht wieder anspricht“ – dann müsse etwas Neues her.

Lafontaine nutzte die freundlichen Fragen Gysis im kumpelhaften Du-Ton zu Tiraden gegen die Pharmalobby, das deutsche Unternehmertum, den „puren neoliberalen Mist“ der Regierungskoalition und „die Lügen dieser Kerle“, wobei Angela Merkel ehrenhalber das Etikett „Kerlin“ verpasst bekam. Doch Schelte gab es natürlich nicht nur für den politischen Gegner, sondern auch für das, was vom politischen Freund übrig geblieben ist. Den Kanzler bezichtigte Lafontaine vor allem der programmatischen Unzuverlässigkeit. Gerhard Schröder sei „in Sachen Politikwechsel ein, vorsichtig gesagt, unzuverlässiger Kamerad“. Und Joschka Fischer, Hirn der neoliberal gewendeten Grünen, habe ihm doch tatsächlich einmal gesagt, er wolle „die Konservativen rechts überholen“ – so zumindest Lafontaines Erinnerung.

Den größten Applaus erhielt der Polit-Privatier allerdings, als er das „staatsterroristische Flächenbombardement“ geißelte, mit dem die USA auf dem Balkan, in Afghanistan und im Irak den „Tod tausender Unschuldiger“ verursachten. Dass Schröder und Fischer Bill Clinton hinter seinem, Lafontaines Rücken die Teilnahme am Kosovo-Krieg zugesagt hätten, sei der „erste schwere Schlag“ gewesen, der letztlich zu seinem Amtsverzicht geführt habe.

Eher beiläufig entwickelte Lafontaine eine neue Definition dessen, was politisches Handeln sein solle. „Politik heißt, Sprache durch Denken zu durchbrechen“, sagte der Saarländer. Im Konkreten warb er erneut vehement für eine expansive Geldpolitik. Der Motor der deutschen Konjunktur brauche vor allem eines: Benzin. Aber auch da setzt Lafontaine längst nicht mehr auf Rot-Grün. Stattdessen pflichtete er einem Satz Gysis bei: „Wenn wir in Deutschland eine Sozialdemokratie hätten, wären wir einen Schritt weiter!“

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