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Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis.

© AFP

Poker um Griechenland: Blick in den Abgrund

Schon wieder hat der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis ein Treffen mit seinen Amtskollegen in Brüssel platzen lassen. Er erinnert an einen Vabanque-Spieler, der mit seinem eigenen Untergang droht. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albrecht Meier

Eine Woche ist eine lange Zeit in der Politik. Der Satz, der dem ehemaligen britischen Regierungschef Harold Wilson zugeschrieben wird, bedeutet: Innerhalb weniger Tage überschlagen sich manchmal die Ereignisse in der Politik, was Prognosen gelegentlich schwierig macht. Bis Freitag hat die griechische Regierung nun Zeit, sich auf eine Vereinbarung mit den Gläubigern einzulassen, die ihr gegen Auflagen die Liquidität in den nächsten Wochen und Monaten garantieren würde. Aber wollen der griechische Regierungschef Alexis Tsipras und sein Finanzminister Yanis Varoufakis das überhaupt?
Erneut hat Varoufakis am Montagabend ein Treffen der Euro-Gruppe platzen lassen. Das Angebot der übrigen 18 Euro-Staaten, das bestehende Hilfsprogramm mit seinen Auflagen zu verlängern, hat er brüsk zurückgewiesen – eine aus Athener Sicht riskante Taktik. Tsipras und Varoufakis verhalten sich in den Verhandlungen mit den Euro-Partnern wie zwei Männer, die beim Autoverleih einen Wagen mieten wollen. Sie verlangen, dass sie zum gleichen Preis ein Upgrade für einen besseren Wagen erhalten können. Wenn ihre Forderungen nicht erfüllt werden, so drohen die beiden, dann werden sie sich mit ihrem gemieteten Kleinwagen in den Abgrund stürzen.
Der Abgrund, das ist der Grexit, der Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone. Aus der Sicht der Gläubiger, der Autoverleiher in dem Gedankenspiel, ist das Risiko eines Grexit noch vergleichsweise überschaubar. Für Griechenland hingegen würde eine Rückkehr zur Drachme schlimme Folgen haben: Breite Schichten der Bevölkerung, die schon jetzt darben, würden noch weiter in die Verarmung getrieben. Die Ersparnisse auf dem Konto, sofern sie nicht schon in Euro abgehoben wurden, würden mit einem Schlag drastisch an Wert verlieren.

Ein "Grexident" ist nicht mehr auszuschließen

Es ist nach der Sitzung der Euro-Gruppe nicht zu durchschauen, ob es Tsipras und Co. tatsächlich auf das für ihr Land schlimmste aller Szenarien ankommen lassen wollen. Aber es ist durchaus vorstellbar, dass die neue Führungsriege in Athen so dilettantisch ist, dass sie einen Austritt aus dem Euro, der als „Unfall“ daherkäme, in den nächsten Wochen nicht verhindern kann. Ein solcher „Grexident“ wäre dann denkbar, falls Tsipras und Varoufakis versuchen, die Zeit bis zu den gewünschten Verhandlungen über einen neuen Vertrag mit den Geldgebern ganz ohne frisches Geld der Gläubiger zu überbrücken. Sollte den Griechen in dieser Phase angesichts der bereits vor der Wahl im Januar eingetretenen Steuerausfälle und eines möglichen „Bank-Run“ das Geld ausgehen, dann wäre eine Rückkehr zur Drachme unausweichlich.

Die Positionen liegen eigentlich nicht weit auseinander

Dabei sollte es durchaus noch möglich sein, bis Freitag eine Einigung zwischen Griechenland und seinen Geldgebern zu erzielen. Bei Lichte besehen, liegen die Positionen nämlich gar nicht so weit auseinander. Die Gläubiger, allen voran Finanzminister Wolfgang Schäuble und Euro-Gruppenchef Jeroen Dijsselbloem, stellen sich auf den Standpunkt, dass Athen zunächst einmal eine Verlängerung des mit Auflagen versehenen Hilfsprogramms über den 28. Februar beantragen muss, bevor über eine flexible Ausgestaltung eben dieses Programms verhandelt wird. Tsipras und Varoufakis verlangen hingegen einen Überbrückungskredit. Dabei dürfte auch ihnen allerdings klar sein, dass auch ein derart getaufter Kredit nicht ohne festgeschriebene Verpflichtungen zu haben sein wird. Hier könnte eine Schnittmenge zwischen Athen und seinen Gläubigern liegen – es sei denn, Tsipras und Varoufakis wollen sich und ihr Land unbedingt in den Abgrund stürzen.

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