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Polen-Beauftragte: Gesine Schwan kritisiert Warschaus Deutschlandbild

Gesine Schwan, Polen-Beauftragte der Bundesregierung, wirft der Regierung in Warschau eine Fixierung auf die Vergangenheit vor.

Die Polen-Beauftragte der Bundesregierung, Gesine Schwan, wirft der polnischen Regierung eine Verengung des Blickwinkels auf die Vergangenheit im Verhältnis zum Nachbarland im Westen vor. Das Merkmal der gegenwärtigen Regierung in Warschau bestehe darin, „dass sie sehr stark geschichtspolitisch orientiert ist und nicht so sehr interessen- und zukunftsorientiert“, sagte Schwan dem Tagesspiegel.

„Wenn Sie alles auf den Nenner bringen, dass man auf Grund der geschichtlichen Belastungen keinem Wort eines heutigen Deutschen trauen kann, dann wird es sehr schwierig“, sagte Schwan. Sie selbst, hob die Politikwissenschaftlerin hervor, wiederhole unermüdlich, „wie sehr die Deutschen in der Schuld stehen bleiben werden“. Sie fügte aber hinzu: „Das kann nicht das Einzige sein, wenn man gedeihliche Beziehungen anstrebt.“

In Polen stehen wahrscheinlich im Herbst Neuwahlen an, nachdem die Koalitionsregierung unter Jaroslaw Kaczynski in der vergangenen Woche endgültig zerbrochen war. Schwan wollte nicht ausschließen, dass die Opposition durch antideutsche Töne von Ministerpräsident Kaczynski „unter einen gewissen Druck der Öffentlichkeit“ geraten könnte. „So ein Wahlkampf hat ja seine eigene Dynamik“, sagte sie. Kaczynski hatte der oppositionellen Bürgerplattform vorgeworfen, „zu abhängig von den Deutschen“ zu sein.

Nach den Worten der Polen-Beauftragten bleibt abzuwarten, welche Haltung der umstrittene polnische Kirchensender Radio Maryja insbesondere mit Blick auf Deutschland in den nächsten Monaten einnehmen werde. Vieles spreche dafür, „dass die Kundschaft dieses Senders beschränkt bleiben wird“, sagte Schwan. Gerade die antisemitischen Sendungen des Kirchenradios hätten in der polnischen Öffentlichkeit viel Kritik hervorgerufen.

Im Jahr 2005 hatte Radio Maryja Kaczynskis Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) im Wahlkampf unterstützt und ihr mit zum Sieg verholfen. Im Rückblick auf die vergangenen zwei Jahre mit der PiS als Regierungspartei sagte Schwan: „Es ist schon sehr viel schwerer geworden, miteinander konstruktiv umzugehen – jedenfalls auf Regierungsebene.“ Trotz der „Schwierigkeiten und Turbulenzen auf Regierungsebene“ hätten die zahlreichen gesellschaftlichen deutsch-polnischen Initiativen „fast nicht gelitten“, sagte sie weiter. Es sei „geradezu eine Sensation“, dass die Deutschen laut Umfragen den Polen inzwischen mehrheitlich mit Sympathie begegnen.

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