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Politik: „Polen ist nicht zweitrangig“

Frankreichs Botschafter in Berlin, Claude Martin, über das Weimarer Dreieck

Herr Botschafter, Polens designierter Ministerpräsident Jaroslaw Kaczynski hat angekündigt, im Rahmen der Außenpolitik den Nationalstaat zu stärken. Beunruhigt Sie das?

Ich habe mich nicht über die polnische Innenpolitik zu äußern. Ich finde es aber ganz normal, dass eine Regierung nationale Interessen verteidigt. Das schließt nicht aus, dass man sich aktiv beim Aufbau Europas beteiligt. Polen verfügt über ein großes Potenzial, was die Weiterentwicklung der EU anbelangt. Es ist sehr wichtig, dass Polen, Deutschland und Frankreich über die Zukunft Europas im Gespräch sind. Die kleinen Krisen der Vergangenheit sind vielleicht auch auf mangelnde Sensibilität zurückzuführen.

Das heißt?

Vielleicht haben die Polen, die etwas später Mitglied in der EU geworden sind, den Eindruck bekommen, dass man ihnen dort nicht genügend zugehört hat. Das ist aber gar nicht der Fall. Von Anfang an haben wir uns dafür eingesetzt, dass Polen seine Position in Europa ausfüllt.

Nun hat aber Polens Staatschef Lech Kaczynski seine Teilnahme am letzten Treffen des Weimarer Dreiecks – Deutschland, Frankreich und Polen – Anfang des Monats abgesagt.

Das ist kein Drama. Man muss nur wieder ein neues Treffen organisieren.

Aber auch wenn der Gipfel nachgeholt wird, bleibt die Frage: Welche Rolle soll das Weimarer Dreieck überhaupt spielen? Bei der EU-Verfassung beispielsweise sind sich Frankreich, Deutschland und Polen keineswegs einig.

Das Weimarer Dreieck ist nicht dazu da, die Dinge bei der EU-Verfassung voranzubringen. Da muss jeder selbst seine Haltung mit Rücksicht auf die Bevölkerung im eigenen Land festlegen. Im Falle Frankreichs heißt das: Die Regierung hat sich eindeutig für die Verfassung eingesetzt, aber die Bevölkerung hat sich mit großer Mehrheit dagegen ausgesprochen. Im Frühjahr haben wir Wahlen, das wird die Europa-Debatte möglicherweise stimulieren. Vielleicht hat bis dahin auch in Polen eine Debatte über die Verfassung stattgefunden. Am Ende der deutschen EU-Ratspräsidentschaft in einem knappen Jahr sehen wir möglicherweise etwas klarer.

Wenn das Weimarer Dreieck nicht für die Debatte über die EU-Verfassung gut ist – wozu dann?

Es erfüllt den Zweck, einen falschen Eindruck aus der Welt zu schaffen – nämlich dass es sich bei Polen um einen zweitrangigen Partner in Europa handele. Das Weimarer Dreieck ist dazu da, Polen seiner Stellung als eines der großen europäischen Länder zu versichern. Ich bin sicher, dass in Polen eines erkannt wird: Das Weimarer Dreieck ist nicht dazu da, dass Polen von Frankreich und Deutschland zu Dingen gezwungen wird, die es nicht will.

Das Gespräch führte Albrecht Meier.

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