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Justizminister Zbigniew Ziobro den Richtern droht mit Disziplinarstrafen und Entlassungen.

© picture alliance / dpa

Justiz in Polen: Kampf den Richtern

Polen will die Unabhängigkeit der Justiz weiter aushebeln. Die Gerichte sollen stärker an die Regierung gebunden werden.

Das Breslauer Berufungsgericht hat eine Pechsträhne. Zuerst soll einer der Höchstrichter beim Ladendiebstahl im Supermarkt ertappt worden sein, am Donnerstag nun publizierte das regierungsfreundliche Nachrichtenportal „wpolityce.pl“ zwei Urteile mit beinahe identischem Wortlaut. Die Methode „Copy&Paste“ habe bei den Herren Richtern offenbar Schule gemacht, höhnt die einflussreiche rechtsnationale Webseite. „Das hat mit Rechtsprechung nichts zu tun“, kommentierte sofort Justizminister Zbigniew Ziobro von Jaroslaw Kaczynskis Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) und kündigte eine Disziplinarstrafe an.

Meldungen wie diese haben vor allem ein Ziel: die Polen für Ziobros geplante Justizreform einzunehmen. Den Regierungsplänen zufolge soll nach dem Verfassungsgericht nun die gesamte Justiz gleichgeschaltet werden. Drei Gesetzesnovellen hat das Justizministerium dazu ins Parlament gebracht. Sie zielen darauf ab, die Gerichte stärker an die Regierung zu binden, etwa indem die bisher von den Richtern gewählten Gerichtspräsidenten durch staatliche Direktoren ersetzt werden. Richter soll zudem nur noch werden können, wer eine staatliche Richterschule absolviert hat. Das Justizministerium will ihren Richterstatus erst nach einer vierjährigen Probezeit bestätigen. Wer in dieser Zeit missliebige Urteile fällt, dürfte von der PiS-Regierung wieder ausgesondert werden, fürchtet die liberale Opposition. Zudem soll der „Nationale Richterrat“, der die Unabhängigkeit der Urteile garantieren soll, künftig nicht mehr mehrheitlich von den Richtern selbst, sondern vom Parlament gewählt werden. Kaczynskis PiS hat dort die absolute Mehrheit.

Justizminister Ziobro droht den Richtern mit Disziplinarstrafen und Entlassungen

„Die Sonderkaste der Richter gehört damit der Geschichte an“, frohlockt Justizminister Ziobro. In der ersten Kaczynski-Regierung vor zehn Jahren hatte Ziobro mit rechtsstaatlich fragwürdigen Medienkampagnen gegen vermeintliche Übeltäter schon von sich reden gemacht. Gelernt hat er daraus offenbar nichts. „Die richterliche Sonderkaste wird sich natürlich wehren“, prophezeit er nun und droht mit Disziplinarstrafen und Entlassungen. Die Präsidentin des noch unabhängigen Obersten Gerichts hat die Gesetzesnovellen bereits als verfassungswidrig bezeichnet. Über die Verfassung wacht indes seit Ende 2016 ein ebenfalls PiS-höriges Verfassungsgericht. Dass die EU noch ein Machtwort sprechen wird, glaubt in Polen nach Verstreichen des letzten Brüsseler Ultimatums niemand.

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