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Polen: Koalition zerbricht an Haushaltsstreit

Die mühsam zusammengeschmiedete Regierungskoalition in Polen ist im Streit um den Haushalt für 2007 und die geplante Aufstockung des Truppenkontingents in Afghanistan zerbrochen.

Warschau - Nur vier Monate nach der Berufung Andrzej Leppers von der populistischen Bauernpartei Samoobrona zu seinem Stellvertreter kündigte Ministerpräsident Jaroslaw Kaczynski dessen Entlassung an. Kaczynski warf dem Ex-Boxer und Schweinezüchter vor, er sei "zu seiner Praxis zurückgekehrt, Unruhe zu stiften". Lepper nannte seine angekündigte Entlassung eine "Gemeinheit". Er bezichtigte Kaczynskis und dessen Zwillingsbruder, Präsident Lech Kaczynski, sie seien "Leute, die alles zerstören".

Der bisherige Vize-Regierungschef und Landwirtschaftsminister Lepper habe die Chance gehabt, in einer "guten Regierung" mitzuwirken, erklärte Jaroslaw Kaczynski. "Er hat diese Chance nicht genutzt." Er werde seinen Bruder bitten, Lepper von dessen Funktionen zu entbinden.Lepper hatte unter Verweis auf ungenügende Mittel im Sozialbereich angekündigt, seine Partei werde den Haushaltsentwurf für 2007 ablehnen. Der Fraktionsvorsitzende von Kaczynskis Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS), Marek Kuchcinski, sagte, Lepper habe die Koalitionsvereinbarung gebrochen, Samoobrona könne nicht länger als vertrauenswürdiger Regierungspartner angesehen werden.

Mögliche Neuwahlen im November

Auch die von Kaczynski angekündigte Entsendung von 1000 Soldaten nach Afghanistan hatte Lepper abgelehnt. "Es ging darum, nochmals 40 oder vielleicht hundert Soldaten zu schicken, aber nicht tausend", hatte der Vizeregierungschef gesagt. Die Rede sei davon gewesen, umgerechnet knapp neun Millionen Euro auszugeben und nicht 75 Millionen Euro. Das Geld fehle auf anderen Gebieten. Der Ministerpräsident kündigte an, er wolle sich um die Bildung einer neuen Koalitionsregierung bemühen. PiS-Fraktionschef Adam Bielan erklärte, seine Partei gebe sich dafür zwei Wochen Zeit. "Wenn wir es nicht schaffen, sind vorgezogene Neuwahlen die einzige demokratische Lösung", sagte Jaroslaw Kaczynski. Mindestens vier Samoobrona-Abgeordnete kündigten an, sie wollten ihre Partei verlassen.

Sollte die Regierungsbildung scheitern, würden die Neuwahlen voraussichtlich zusammen mit der zweiten Runde der Kommunalwahlen am 26. November abgehalten. Die bisherigen Regierungsparteien würden laut Umfragen dabei schwere Einbußen erleiden. Die oppositionelle liberale Bürgerplattform liegt demnach mit rund 30 Prozent in der Wählergunst vorne. (tso/AFP)

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