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Polen: Rechtskurs in Kaczynskis Partei

Das weltoffene Antlitz der polnischen Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) ist seit Samstag wieder dahin. Bei der Wahl der Leitung dominieren die Konservativen.

Joanna Kluzik-Rostkowska, die warmherzige Stabschefin von Jaroslaw Kaczynski bei den Präsidentenwahlen, muss sich den Traum von der Parteikarriere abschminken. Statt Vizeparteichefin und dazu stellvertretende Parlamentspräsidentin zu werden, ging sie bei den Wahlen um die Neubestellung der Parteileitung leer aus. Jaroslaw Kaczynski hatte seine Wahlstabschefin nicht einmal für eines der Ämter vorgeschlagen.

Ein großer Teil der Parteileitung musste am Samstag neu besetzt werden, da wichtige Personen der PiS im April beim Flugzeugabsturz in Smolensk ums Leben gekommen waren. Dabei gilt seit Jahren als gewählt, wen Kaczynski vorschlägt. Widerspruch wird in der PiS nicht geduldet.

Kluzik-Rostkowska hatte sich schon früher die ultrakatholische, mit dem antisemitischen „Radio Maryja“ verbundene Fraktion der PiS zu erbitterten Feinden gemacht, als sie Verständnis für In-Vitro-Behandlungen für unfruchtbare Ehepaare geäußert hatte. Als Sozialministerin der Regierung Kaczynski fiel sie 2007 mit Positionen auf, die in den Ohren vieler Rechtskonservativer geradezu feministisch klangen. Auch weitere Exponenten der sogenannten „liberalen“ PiS-Fraktion gingen bei den Neubesetzungen leer aus. Sie hatten im Wahlkampf das rückwärtsgewandte, ultrakatholische Image Kaczynskis aufgehellt und ihm den Weg in die politische Mitte eröffnet. Kaczynski kam so bei der Stichwahl überraschend auf über 47 Prozent.

Durchgesetzt hat sich stattdessen eine Gruppe ultrakonservativer Kaczynski- Anhänger, die selbst von der konservativen Presse als „Taliban“ betitelt werden. Während des Wahlkampfs bangten sie um ihre Position in der Partei; dem Vernehmen nach brachen hinter den Kulissen heftige Flügelkämpfe aus. Drei Wochen nach der Wahl vollzieht Kaczynski den Schwenk zurück zur aggressiven Kampftruppe für ein national-katholisches Polen – voller Argwohn gegenüber Deutschland und Russland. Paul Flückiger

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