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Politik: Polen und Spanien – die Erbarmungslosen

Von Zeitdruck bis Realitätsverlust: Wie Warschau und Madrid versuchen, ihre knallharte Haltung zu erklären

Brüssel. Der spanische Ministerpräsident Jose Maria Aznar gab sich nach dem Scheitern des Gipfels gelassen: „Alle sind gleich schuldig am Scheitern. Die EU wird auch ohne diese Einigung funktionieren.“ Aznar erinnerte daran, dass der Vertrag von Nizza schließlich unter französischer Präsidentschaft ausgehandelt worden sei. Er könne nicht verstehen, warum Frankreichs Präsident Jacques Chirac seine Position verändert habe. Weder die Bevölkerungszahlen noch die Wirklichkeit hätten sich seit Nizza im Jahr 2000 geändert. Spanien sei bereit gewesen, zu verhandeln und habe Vorschläge gemacht. Wie diese Vorschläge genau aussahen, sagte er allerdings nicht. Auf jeden Fall waren sie für Deutschland und Frankreich nicht akzeptabel.

Der polnische Ministerpräsident Leszek Miller argumentiert dagegen grundsätzlicherer Art. Die doppelte Mehrheit sei nicht mit demokratischen Prinzipien vereinbar, sagte er. Polen brauche mehr Zeit, um die Bürger davon zu überzeugen, dass die doppelte Mehrheit keine Nachteile für das Land bringe. So kurz nach dem polnischen Referendum über den Beitritt sei dies nicht möglich. Schließlich sei dies auch mit dem Argument gewonnen worden, dass Polen in Europa zu den großen Staaten gehören werde.

Polen sei bereit gewesen, einer Rendezvous-Klausel zuzustimmen, hieß es zwischenzeitlich in Diplomatenkreisen. Das heißt, dass die strittigen Punkte verschoben, die konsensfähigen aber beschlossen worden wären. Diese Position hatte auch der britische Premierminister Tony Blair unterstützt. Er hatte gleich zu Beginn klar gemacht, dass Großbritannien mit dem Nizza-Vertrag leben könne und er nicht damit rechne, die Zustimmung aller zum Verfassungstext zu bekommen. Damit signalisierte er Rückendeckung für Polen und Spanien, die andererseits britische Vorschläge in Finanz- und außenpolitischen Fragen unterstützen. Hier zeigt sich, dass die Irakkriegskoalition aus Großbritannien, Italien, Spanien und Polen auch in anderen Fragen wirkt. msb

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