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Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) spricht auch schon vom "Nafri". Er hält das für eine geistreiche Provokation.

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Political Correctness: Wir dürfen "Nafri" sagen - Dobrindt und die Polizei sollten es nicht

Es geht nicht um Rassismus, sondern um Respekt: Warum staatliche Stellen beim Umgang mit Menschen auf ihre Sprache achten sollten. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Jost Müller-Neuhof

Über die Verwendung des Kürzels „Nafri“ bei der Kölner Polizei kann man sich empören oder Witze machen. Der Vorgang hat allerdings auch eine ernste Seite, die sich ohne Ironie oder Über-Aufgeregtheit zu betrachten lohnt. Dank Twitter weiß nun jeder, dass die Kölner Polizei Männer nordafrikanischer Abstammung, mit denen sie dienstlich zu tun hat, so zu nennen pflegt. Ein interner Begriff, erklärte der Polizeipräsident, der, wie er meint, besser nicht an die Öffentlichkeit gelangt wäre. Zu spät. Auch Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) redet bereits davon, der Staat müsse die Menschen besser vor „Nafris“ schützen.

Eine verständliche Abneigung gegen Political Correctness erübrigt nicht Überlegungen zum verantwortungsvollen Sprachgebrauch. Dass „Nafri“ nur für kriminelle, tatverdächtige oder sonstwie verhaltensauffällig-aggressive Nordafrikaner benutzt werde – geschenkt. Unterschiede werden im öffentlichen Sprachgebrauch beiseite gewischt, dafür ist er bekannt. Und bekannt ist auch, dass Behördenjargon in die Alltagssprache einsickern kann.

Auch ohne schwingende Rassismus-Keule im Nacken mögen die Zuständigen einmal in sich gehen, welche Folgen es hat, wenn die „Nafri“-Redeweise derart zum Gemeingut wird. Mit anderen Worten: Was genau hat Kölns Polizeichef bedauert? Wenn der Begriff einwandfrei ist, gibt es keinen Grund, ihn aus der Öffentlichkeitsarbeit der Polizei herauszuhalten, insbesondere nicht im 140-Zeichen-Kurznachrichtendienst Twitter. Ist er aber problematisch, gehört er auch in der internen Polizeiarbeit untersagt. Das ist keine Correctness, das ist Logik.

In der Polizei – in allen Behörden – grassiert der Abkürzungsfimmel (Aküfi). Abkürzungen mögen vielfach hilfreich sein. Im Umgang mit Menschen oder Gruppen werden sie zu einer sensiblen Frage der Identität. Was nicht abwertend gemeint ist, kann trotzdem abwertend verstanden werden. Und auch der, der es nicht abwertend gesagt haben will, wertet zuweilen andere ab. Wenn nicht öffentlich und vor anderen, dann vielleicht vor sich selbst. Eine Einsicht, die Kölns Polizeichef schwer vermittelbar ist, der seine Leute auch „Rubus“ zu Rumänen und Bulgaren sagen lässt. Die Berliner Polizei kann gut ohne „Nafris“ leben, ebenso das Bundesinnenministerium, das Kölns Polizei indirekt dafür kritisiert hat. Es geht also.

Nicht jede Gedanken- und Gefühllosigkeit ist immer gleich Rassismus. Aber hier hat er einen Ursprung. Die prinzipielle Ablehnung von Mitmenschen aufgrund ethnischer – oder aktuell auch religiöser – Zugehörigkeit ist ein gesellschaftliches Problem, das sich derzeit leider verschärft. Ob die Bürger und ihre Medien „Nafri“ oder „Rubu“ sagen, das mag deren Sache sein. Von Amtsinhabern, Repräsentanten des Staates also, darf jedoch Verantwortung erwartet werden.

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