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Politik: Politik à la Prinzenbad

In den letzten Monaten war da was. Vielmehr: Da war nichts.

In den letzten Monaten war da was. Vielmehr: Da war nichts. Und das sind wir von Hans-Christian Ströbele nicht gewohnt. Diese Ruhe, komisch. Nicht mal eine krause Erklärung in Sachen Israel-Hisbollah, die er doch früher in zwei Minuten rausgehauen hätte, um dann ein Jahr lang mit Henryk Broder drüber zu zanken. Aber seit die rot-grüne Koalition Geschichte ist, hat er keine Lust mehr, die SPD zu quälen, und sein langjähriger Intimfeind Joschka F. lässt sich von Erdenwesen ja generell nicht mehr provozieren.

Ströbele-Dämmerung? Ach wo. Aber wie es scheint, ist der einst so dauererregte Antiimperialist auf dem Weg in die vorgezogene Altersmilde. Oh, bekennt er, man könnte doch im heißen deutschen Sommer ein kleines Schläfchen wagen, statt über Mittag zu arbeiten, nicht wahr? Und er legt nach mit der Forderung, zusammen mit der Sommerzeit alljährlich eine Art Pflichtsiesta einzuführen, anderthalb oder zwei Stunden, in denen der Deutsche dann wohl ganz entgegen seinem nordeuropäischen Wesen bräsig im Schatten hocken, Katzen kraulen und Campari mit Soda schlürfen müsste. Klaus-Uwe Benneter von der SPD, auch einer, der keinen richtigen Gegner mehr hat, geht sogar noch weiter: Siesta von 12 bis 16 Uhr sei gerade richtig, meint er.

Hallo? Was ist das für ein Thema? Waren die Herren zu lange im Prinzenbad? Oder handelt es sich um eine subtile Attacke auf den Turbokapitalismus, der nun mit Hilfe des Klimawandels, den er ja irgendwie selbst verschuldet hat, zur Räson gebracht werden soll? Die Stellungnahme der Gewerkschaften steht noch aus, aber sie werden bald errechnen, dass Ströbeles Vorschlag 750 000 Arbeitsplätze bringt, Benneters sogar 1,5 Millionen. Wenn wir jetzt den Chinesen nahe legen, ihrerseits von 11 bis 18 zu pausieren – ist es nicht auch in Schanghai höllisch warm? – dann wäre Deutschland aus dem Gröbsten heraus. Die Neue im DGB-Vorstand, Frau Buntenbach, könnte sich damit einen Namen machen. Erst Buntenbach-Siesta, dann Hartz IV, dann Riester-Rente.

Kann auch sein, dass das alles Unsinn ist. Aber selbst dann wäre der Vorschlag eine Neuerung im Politikgeschäft: der erste bekannte Versuch, das Sommerloch gewissermaßen mit sich selbst zu füllen. Verdammt heiß hier.

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