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„Enteignung“ nennt FDP-Chef Lindner die Folgen des Koalitionsvertrags.

© dpa

Politiker aus CDU, SPD und FDP äußern Kritik: Aufstand gegen die Rentenpläne der großen Koalition

Während junge Politiker die Beitragssenkung bei den Renten fordern, spricht der CDU-Wirtschaftsflügel von einem Verbrechen an der nächsten Generation.

Von Antje Sirleschtov

Der Beschluss von Union und SPD, die Rentenbeiträge nicht zu senken, stößt auf immer breitere Kritik. Am Wochenende wandten sich junge Politiker der CDU, der SPD, aber auch Wirtschaftspolitiker der Union, die Grünen-Fraktionsspitze und die FDP gegen die Vereinbarungen der künftigen großen Koalition. Stimmen die Mitglieder der SPD bis zum kommenden Wochenende mehrheitlich dem Koalitionsvertrag zu, will die schwarz-rote Koalition noch vor Weihnachten die gesetzlich vorgeschriebene Senkung der Beiträge zur Rentenversicherung anhalten.

Der CDU-Wirtschaftsflügel macht unmittelbar vor dem kleinen Parteitag an diesem Montag Front gegen die Abmachungen. „Wir können diesen Koalitionsvertrag nicht unterstützen“, sagten die Vorsitzenden des CDU-Wirtschaftsrats, der Mittelstandsvereinigung und des Parlamentskreises Mittelstand, Kurt Lauk, Carsten Linnemann und Christian Freiherr von Stetten, der „Bild“-Zeitung . Von Stetten bezeichnete die Rentenversprechen als „Verbrechen an der nächsten Generation“. Es sei „völlig absurd“, dass Jahre der Arbeitslosigkeit als Beitragsjahre angerechnet werden sollten, um mit 63 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen zu können.

54 CDU-Abgeordnete kritisieren unter anderem die Rentenpläne

Wirtschaftsratschef Lauk kritisierte, der Mindestlohn werde die Arbeitslosigkeit bei jungen, schlecht ausgebildeten und weniger leistungsfähigen Menschen erhöhen: „Das ist nicht die Handschrift der Union.“ Auf ihrem Parteitag will die CDU dem Vertrag mit der SPD zustimmen. Geplant ist, dass nach der Bekanntgabe des Votums der SPD-Mitglieder kommende Woche die neue Regierung vereidigt wird.

In einem gemeinsamen Aufruf kritisieren außerdem 54 CDU-Abgeordnete unter anderem die Rentenpläne: „Statt Sozialleistungen auszubauen, gilt es vor allem in Bildung, Forschung, Vorsorge und Infrastruktur zu investieren.“ Zu der Gruppe gehören unter anderem der Chef der Jungen Union, Philipp Mißfelder, der Gesundheitspolitiker Jens Spahn und der CDU-Fraktionsvorsitzende im thüringischen Landtag, Mike Mohring. Die Gruppe „CDU 2017“ fordert eine stärkere Berücksichtigung der Belange jüngerer Parteimitglieder und Wähler. Hart ins Gericht mit ihrer Parteiführung und dem Vertrag mit CDU und CSU waren bereits am Samstag die Jusos, die Jugendorganisation der SPD, gegangen. Sie lehnten den Vertrag ab.

Anton Hofreiter: „Nächste Woche beginnt die Plünderung der Rentenkasse“

Der Fraktionschef der Grünen, Anton Hofreiter, warnte Union und SPD, die automatische Senkung der Rentenbeiträge zum Jahreswechsel in einem Eilverfahren noch in der nächsten Woche zu stoppen. „Nächste Woche beginnt die Plünderung der Rentenkasse“, sagte er dem Tagesspiegel. Die Koalition will die Beitragshöhe unverändert lassen und mit dem Geld ihre Rentenpläne finanzieren. Wegen der demografischen Entwicklung, sagte Hofreiter, werde das „spätestens 2017 zu steigenden Beiträgen“ führen.

Scharf ging auch der neue FDP-Chef Christian Lindner mit den Plänen von Union und SPD ins Gericht. „Die große Koalition nutzt ihre übergroße Mehrheit, um die Senkung der Rentenbeiträge zu verhindern“, kritisierte Lindner in seiner Antrittsrede auf dem Sonderparteitag der Liberalen in Berlin. Diese Beiträge würden aber nicht von Reichen, sondern von Millionen Facharbeitern gezahlt. „Ich nenne das eine Enteignung – so macht man aus Bürgern kleine Leute.“ Der Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) warf Lindner in seiner Rede Wortbruch in der Steuerpolitik vor. Die mehrfach in Aussicht gestellte Dämpfung der sogenannten kalten Progression habe nicht einmal „den Weg in den Koalitionsvertrag gefunden“.

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