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Politik: Politiker fordern Sonntagsfahrverbot

Als Sofortmaßnahme gegen die Belastung der Luft mit Feinstaub fordern Politiker aus Koalition und Opposition jetzt auch Sonntagsfahrverbote. Die Regierung lehnt das ab und setzt lieber auf Steueranreize für Rußfilter.

Berlin (30.03.2005, 16:35 Uhr) - Im Kampf gegen die gefährliche Luftverschmutzung in den Städten will die Bundesregierung keine Fahrverbote auf Bundesebene. Dagegen soll ein Gesetzentwurf zur steuerlichen Förderung von Dieselfahrzeugen noch vor der Sommerpause vorliegen, sagte Regierungssprecher Hans Langguth am Mittwoch in Berlin. Fahrverbote seien auf Bundesebene mit Sicherheit kein Thema. «Der Bundeskanzler bevorzugt mittel- und langfristige und damit nachhaltige Lösungen.» Auch Forderungen nach Sonntagsfahrverboten und einer Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs wurden laut, nachdem der seit Januar geltende Jahres-Grenzwert für Feinstaub in München und Stuttgart schon überschritten wurde.

Die Bundesregierung erwarte, dass die Länder positiv auf das Vorhaben reagierten, Käufer von Neuwagen mit Dieselrußpartikelfilter mit 350 Euro zu unterstützen und die Umrüstung von Gebrauchtwagen mit 250 Euro zu fördern, sagte Langguth. Die Regierung hatte sich im Februar auf Zuschüsse aus der Staatskasse für Diesel-Pkw mit Filter verständigt. Die Länder hatten umgehend angekündigt, dem Rabatt nur zuzustimmen, wenn ihnen keine Verluste entstehen. Die Förderung soll über die Kfz-Steuer finanziert werden, die den Ländern zusteht.

Die Grünen und der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) forderten, die LKW-Maut, die bisher nur auf Autobahnen gilt, auf solche Bundesstraßen auszuweiten, die besonders stark vom Maut- Ausweichverkehr betroffen seien. Außerdem sollte die Mautgebühr bis 2010 auf 45 Cent pro Kilometer angehoben werden. Derzeit liegt sie zwischen 9 und 14 Cent.

Zur Forderung nach Fahrverboten sagte der Präsident des Umweltbundesamtes, Andreas Troge, diese könnten nur die «ultima ratio» sein. Bayerns Umweltminister Werner Schnappauf (CSU) nannte die Forderung nach einem Sonntagsfahrverbot «vordergründigen Aktionismus». Auch Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) lehnte generelle Fahrverbote ab.

Die Grünen-Verkehrsexpertin Franziska Eichstädt-Bohlig hatte dafür plädiert, über ein Sonntagsfahrverbot für privaten Autoverkehr zu diskutieren. Auch der CSU-Umweltexperte Josef Göppel hält ein Fahrverbot an Sonntagen für «richtig».

Die Deutsche Umwelthilfe warf der Autoindustrie vor, den Einbau von Diesel-Partikelfiltern jahrelang massiv behindert zu haben. «Die deutsche Automobilindustrie hat das nicht verschlafen, sondern aktiv boykottiert und hintertrieben», sagte Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch in einem dpa-Gespräch. Der Luftexperte Peter Küppers vom Darmstädter Öko-Institut forderte die Ausweitung des öffentlichen Nahverkehrs. Kommunen müssten sich darauf einstellen, künftig mehr Geld für Busse und Bahnen auszugeben.

Die Sprecherin des Bundesumweltministeriums, Frauke Stamer, sagte, die Automobilindustrie habe zugesagt, spätestens 2008 alle Diesel-Pkw serienmäßig mit Rußpartikelfiltern anzubieten. Grünen-Fraktionsvize Reinhard Loske sagte der dpa, die Einführung von Rußpartikelfiltern dürfe nicht aus Kostengründen verzögert werden. Der ADAC warnte davor, die Autofahrer zum Sündenbock zu machen. «Höchstens 20 Prozent des innerstädtisch gemessenen Feinstaubs werden vom lokalen Pkw- Verkehr verursacht, viel größer ist der Anteil anderer Quellen», sagte ADAC-Vizepräsident Erhard Oehm am Mittwoch.

Zwei Bürger klagten beim Verwaltungsgericht Stuttgart gegen das Land Baden-Württemberg wegen zu hoher Feinstaubkonzentrationen in der Landeshauptstadt. Sie fordern einen Aktionsplan mit kurzfristigen Maßnahmen gegen den Feinstaub. Klagen gibt es auch in München und Berlin. (tso)

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