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Politikwissenschaftler Gerd Langguth: "Merkel ist die heimliche CSU-Vorsitzende"

"Mit dem bisherigen Personal wird man nicht in noch eine Wahl gehen", sagt Politikprofessor Gerd Langguth.

Herr Langguth, was geht in Bayern vor?

Der Mythos der CSU als der Ausdruck Bayerns in der deutschen Politik ist zerbrochen. Die CSU hatte zwar die Kraft, Stoiber zu stürzen, aber sie hat dann mit der Installierung der Doppelspitze Huber-Beckstein ihr eigenes Gewicht halbiert. Viele sind zu den Freien Wählern und zur FDP abgewandert. Die Wähler haben die Differenz zwischen der Arroganz der CSU-Oberen und ihrer Performance nicht akzeptiert. Es war aber auch eine Art Testwahl für Steinmeier und Müntefering: Die SPD erhielt ihr schlechtestes Ergebnis seit 1946. Die Parteienlandschaft wird bunter. Und die CSU hat die Quittung für eine Reihe sehr unpopulärer Maßnahmen bekommen, etwa für das überaus strenge Rauchverbot.

Was bedeutet das für Berlin? Hat Merkel es leichter mit einer zahmen CSU?

Dieses Ergebnis kann Merkel überhaupt nicht Recht sein – zumal die CSU-Landesgruppe in Berlin schon lange sehr zahm ist. Eine starke CSU ist für das Ergebnis der Union insgesamt unverzichtbar. Sie wird vermutlich schon bei den Europawahlen nächstes Jahr zittern müssen. Die CSU tritt als selbstständige Partei an und muss daher die Fünfprozenthürde bundesweit schaffen. 2004 erreichte sie bei der Europawahl noch acht Prozent. Wie die Sache 2009 läuft, dem kann man mit Interesse entgegensehen.

Was ist von den CSU-Schwüren am Wahlabend zu halten, es gebe keine personellen Konsequenzen?

Es ist schon ziemlich komisch und eine Parodie von fast valentinschem Format, wenn sich Beckstein und Huber eilig am Wahlabend als ihre eigenen Nachfolger ausrufen. In der Deckung wartet schon Seehofer und als Ministerpräsident der angesehene Innenminister Hermann. Mit dem bisherigen Personal wird man nicht in die nächste Landtagswahl gehen können.

Und dann macht Stoiber den Münte?

Obwohl Stoiber den Niedergang seiner Partei selbst eingeleitet hat, hat er noch immer die größte Autorität in der CSU. Er könnte tun, was er vor einem Jahr versäumt hat, nämlich für einen geordneten Übergang zu einer neuen Führung sorgen.

Wie sähe die aus?

Sie müsste aus kantigen Persönlichkeiten bestehen, wie die Bayern sie gern wählen. Die Abschlussveranstaltung des CSU-Wahlkampfs hat übrigens Angela Merkel bestritten. Das spricht für sich. Sie ist inzwischen so etwas wie die heimliche CSU-Vorsitzende.

Gerd Langguth ist Politikprofessor in Bonn und war von 1976 bis 1980 CDU-Bundestagsabgeordneter. Das Gespräch führte Andrea Dernbach.

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