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Politik: „Politisch naive Proteste“

Lea Rosh und Ralph Giordano kritisieren die Friedensbewegung

Berlin (Ch.B./deh). Die Demonstration gegen einen möglichen IrakKrieg am vergangenen Samstag in Berlin ist auf scharfe Kritik gestoßen. In einen am Montag veröffentlichten offenen Brief heißt es, die Proteste seien „durch eine gefährliche Mischung aus Antiamerikanismus und politischer Naivität“ geprägt gewesen. Die Friedensbewegung wird aufgefordert, sich den „inhaltlichen Schwächen“ eines „diffusen Friedensbegriffs“ zu stellen und antiamerikanischen Strömungen in den eigenen Reihen entgegenzutreten. Initiator ist das Berliner „Bündnis gegen Antisemitismus“. Unterschrieben haben den Aufruf bisher etwa 100 Menschen, darunter der Schriftsteller Ralph Giordano, die Publizistin Lea Rosh, der Historiker Michael Wolffsohn, und die Europaabgeordnete Ilka Schröder.

Nach Ansicht der Unterzeichner ist auf Transparenten und Schildern „das ganze Arsenal“ amerikafeindlicher Ressentiments zu finden gewesen. Zudem wird in dem Brief Demonstranten und Organisatoren ein naiver Friedensbegriff vorgeworfen. Dieser scheine nichts weiter beizutragen, „als das Bedürfnis nach politischer Unschuld zu bedienen“, heißt es wörtlich. Das Leiden der Menschen im Irak unter Saddam Hussein und seine Unterstützung des Terrors gegen Israel seien Realitäten, „auf die der abstrakte Wunsch nach Frieden keine Antwort“ gebe.

Das globalisierungskritische Netzwerk Attac, das zu den Organisatoren der Demonstration gehörte, versteht Kritik an den USA jedoch nicht als Antiamerikanismus, sagt Attac-Sprecher Malte Kreutzfeldt. Jens-Peter Steffen, friedenspolitischer Sprecher der Internationalen Ärzte gegen den Atomtod (IPPNW) sagte dem Tagesspiegel: „Es ist nicht Aufgabe der Veranstalter, eine Zensur von Volkes Maul zu organisieren. Auch wenn uns viele Transparente nicht gefallen haben.“ Zumindest sei es gelungen, offen antisemitische Teilnehmer fern zu halten. „Wir werden darüber diskutieren“, sagte Steffen. Als internationale Organisation, die im Irak einen Ableger hatte, dessen Vorsitzender unter Saddam verschwunden und ermordet worden sei, machten sich die Ärzte keine Illusionen über das dortige Regime.

Unterdessen warf CSU-Generalsekretär Thomas Goppel Bundestagspräsident Wolfgang Thierse vor, er habe sich für die Politik des Bundeskanzlers instrumentalisieren lassen, indem er sich der Demonstration angeschlossen habe.

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