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Politische Bildung: Werbung für das Parlament

Bundestagspräsident Lammert und die Bildungszentrale wollen den Deutschen ihre Politiker näherbringen. Denn deren Ansehen in der Bevölkerung ist schlecht.

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Norbert Lammert würde gern zurückkeilen. Und zwar in Richtung Wähler. Von wegen faule, machtgeile und geldgierige Politiker: Vielleicht sollten sich die Wähler mehr für Politik interessieren, bevor sie solche vernichtenden Vorurteile fällen. Der Präsident des Bundestages verbietet sich ein derartiges Contra. Zwar hat auch er Zweifel, ob sich jeder, der die Politiker gering schätzt, vorher intensiv mit ihnen beschäftigt hat. Allerdings will der Amtsinhaber Lammert, anders als der Mensch Lammert, lieber kein neues Öl ins Feuer gießen.

Denn eines steht felsenfest: Obwohl die Deutschen immer, wenn es irgendwo brennt, nach der Hilfe des Staates rufen und auf dessen Unterstützung vertrauen – ihre demokratischen Vertreter, die strafen sie mit allerlei abschätzigen Urteilen. Nur Buchhändler, Journalisten und Gewerkschaftsführer haben ein ebenso schlechtes Image wie Politiker, hat Allensbach mal herausgefunden.

Doch was lässt sich dagegen tun? Die Bundeszentrale für politische Bildung, eine Bundeseinrichtung mit klarem Auftrag zur politischen Bildung der Bevölkerung, hat zweierlei festgestellt: Erstens gründet sich das miese Image bei den Bürgern oft auf Unwissen, und zweitens sind die Unwissenden meist bereit, ihr Urteil zu revidieren, wenn sie Politikern hautnah begegnen. Weshalb es seit kurzer Zeit ein von der Bundeszentrale initiiertes „Filmprojekt“ mit Begleitmaterial für Lehrer gibt. Darin wird in einem Film das Leben von elf Politikern erzählt, anhand dessen Schulklassen ihre Wissenslücken über Alltag, Einkommen und Arbeitsbelastung von Politikern schließen sollen. Die Hoffnung: Wer etwas weiß, der neigt weniger zu Vorurteilen.

Norbert Lammert hat das Material am Dienstag ausdrücklich gelobt. Es werde zu mehr Nähe führen, hofft er. Und im besten Fall das besonders miese Image der Politiker unter jungen Leuten etwas aufpolieren. Allerdings, ganz sicher ist er sich nicht. Schließlich hat er – außer der allgemeinen Unwissenheit – noch zwei weitere Quellen für das ramponierte Politikerimage ausgemacht: die Medien, die gern kritisch, aber ungern positiv über Politik berichten, und die Politiker selbst. Deren gegenseitige Schmähungen nämlich, findet Lammert, gingen oft über das im Spiel von Koalition und Opposition Übliche hinaus und trügen damit zu einem negativen Gesamtbild bei.

Die Experten der Bundesanstalt haben übrigens noch eine Beobachtung gemacht: Politische Bildung, haben sie nicht ohne eine gewisse Selbstkritik herausgefunden, spreche oft nur höhere Bildungsschichten an, den (zahlenmäßig größeren) Rest der Bevölkerung nicht. Letzterer allerdings nehme seit Jahren zu und distanziere sich besonders von Politik und Politikern. Für diese Schicht der Bevölkerung allerdings hat die Bildungspolitik bisher überhaupt keine passenden Angebote in Form von Büchern und Lehrmitteln. Die werden jetzt erst entwickelt.

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