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Harald Wolf im Berliner Wahlkampf 2011 - der für die Linke mit einem Desaster endete. Fünf Jahre danach möchte die Partei wieder mitregieren.

© picture alliance / dpa

Buch über rot-rote Koalition: Ex-Linken-Senator Wolf verteidigt Regierungsbeteiligung

Harald Wolf (Linke) hat ein Buch geschrieben - weil er ab September in Berlin wieder mitregieren will, lohnt ein Blick in das Werk.

Wenn Harald Wolf, der Berliner Ex-Senator aus der Linkspartei, ein Buch mit Hilfe der parteinahen Rosa-Luxemburg- Stiftung schreibt, dürfte das allenfalls kleine Kreise interessieren. Weil es Wolf darin aber um den rot-roten Berliner Senat bis 2011 geht und er im September erneut zur Abgeordnetenhauswahl antritt, die mit einer rot-rot-grünen Koalition enden könnte, lohnt sein Werk quasi schon aus aktuell-politischen Gründen: Eine „(selbst)kritische Bilanz“ sei das Buch, es solle helfen, die „realen Schwierigkeiten“ und „die Chancen einer Regierungsbeteiligung“ zu diskutieren. Im Sommer 2002 war Wolf dem zurückgetretenen Gregor Gysi ins Amt des Wirtschaftssenators gefolgt.

In seinem Buch zeichnet er nun die Koalitionsarithmetik mit der Klaus-Wowereit-SPD auf mehr als 300 Seiten nach; die Regierungsbeteiligung endete 2011 jäh mit der Wahlniederlage der Linken. Trocken geht es bei Wolf um allerlei Rechtsfragen, Details, Abwägungen. Das Regieren als Linker, räumt er mittelbar ein, gleiche einer „Quadratur des Kreises“, sei also noch mehr ständiges Ringen, als es für andere Parteien ohnehin schon ist. Die drastischen Folgen des „Sparen, bis es quietscht“ (Wowereit) leugnet der Ex-Senator nicht. Allerdings nur, um sich zügig dafür zu loben, dass nicht auch Busse und Bahnen der Berliner Verkehrsbetriebe privatisiert wurden – wofür SPD-Funktionäre damals wohl Verständnis gehabt hätten. Schreibt so etwas ein Linker, gar ein Sozialist? Vielleicht schreibt so einfach jemand, der die Physik der Macht kühl einzuschätzen weiß.

Harald Wolf - 2011, als er noch Wirtschaftssenator von Berlin war. 2016 will die Linke wieder an die Macht.
Harald Wolf - 2011, als er noch Wirtschaftssenator von Berlin war. 2016 will die Linke wieder an die Macht.

© Mike Wolff

Wolf hat sich im Abgeordnetenhaus inzwischen ganz der Verkehrs- und Energiepolitik gewidmet. Als stadtspezifische Version eines Elder Statesman entwarf der Ex-Senator für die Linke zahlreiche Papiere zur Rekommunalisierung und unterstützte den knapp gescheiterten Volksentscheid für den Bau eines Stadtwerks und den Rückkauf des Stromnetzes durch den aktuellen SPD-CDU- Senat. In seiner Partei genießt Wolf viel Vertrauen, auch wenn der linke Flügel in ihm den ewigen Kompromissler sieht. Und so schreibt Wolf selbst unumwunden: In Mitte-Links-Regierungen repräsentiere seine Partei eine gesellschaftliche Minderheit, auch wenn einzelne Forderungen mehrheitsfähig sein könnten. „Damit dürfte klar sein“, erklärt der Autor, „dass die Kompromissbildung in Koalitionsverhandlungen nur punktuell zugunsten linker Positionen ausfallen kann.“ Ein zähes Buch für Polit-Profis – es zur Abgeordnetenhauswahl 2016 zu lesen, schadet aber nicht: Die Linke will wieder an die Macht.

Harald Wolf: Rot-Rot in Berlin. 2002 bis 2011. Eine (selbst)kritische Bilanz. VSA, Hamburg 2015. 328 Seiten, 16,80 Euro.

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