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Politische Morde: Moskau besorgt über Nordkaukasus

Nach einer Serie politischer Morde in der Kaukasusrepublik Dagestan und einem Anwachsen islamistischer Gewalt in der gesamten Nordkaukasusregion ist Russlands Präsident Dmitri Medwedew am Dienstag zu einem Krisengipfel nach Machatschkala, der Hauptstadt Dagestans, gereist.

In Dagestan war am Freitag der Innenminister der Teilrepublik erschossen worden. Auf die gleiche Weise kamen dort schon reihenweise Spitzenbeamte, der Mufti – das geistliche Oberhaupt – Staatsanwälte, Richter und Polizisten ums Leben. Allein 2008 zählte die halbamtliche Nachrichtenagentur RIA Nowosti im russischen Nordkaukasus 308 Terroranschläge mit insgesamt 235 Toten. Ein Rekord, der dieses Jahr noch übertroffen werden könnte. Am Mittwoch wurde in der Teilrepublik Inguschetien die Vizepräsidentin des dortigen obersten Gerichts erschossen. Auch in Nordossetien und im Nordwestkaukasus, wo es bisher relativ ruhig war, gab es in den letzten Monaten mehrere politische Morde.

Ermittler lasten sie islamischen Extremisten an. Experten machen dafür die verfehlte Kaukasuspolitik des Kremls verantwortlich. Moskau, so der Publizist Wadim Dubnow, ein Kenner der Region, habe während des zehnjährigen Kriegs gegen Tschetschenien den Hauptschlag gegen den säkularen Flügel des Widerstands geführt: Gegen Nationalisten, die die Unabhängigkeit wollten, einen Gottesstaat und Terror aber ablehnten und mit Islamisten daher im Clinch lagen.

Diese konnten sich erst durchsetzen, als Moskaus Geheimdienste Untergrundpräsident Aslan Maschadow im März 2005 töteten. Nachfolger Doku Umarow dehnte die Aktivitäten der Guerilla ab 2006 auf die Nachbarn Tschetscheniens aus und sorgte für die weitere Radikalisierung. 2007 legte er offiziell auch den Titel Präsident ab und nennt sich seither Emir. Strukturen eines den ganzen Südkaukasus umfassenden Emirats wollen die Islamisten zunächst vor allem dort etablieren, wo Moskaus Einfluss auf schwachen Füßen steht: In Dagestan, dessen 2,7 Millionen Einwohner aus über hundert Ethnien bestehen. Größere Konflikte verhinderte bisher nur ein fein austarierter Proporz bei der Postenvergabe. Medwedew könnte nun aber versucht sein, einen Fremden für das Amt des Präsidenten zu ernennen – in der Hoffnung, dass dieser auch in Dagestan ähnlich straffe Hierarchien etabliert in anderen russischen Regionen. Beobachter befürchten aber, ein solcher Schritt würde die Lage in der Region nur verschlimmern.

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