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Politik: Politische Sanktionen gegen Österreich bleiben bestehen - Schüssel verteidigt Bündnis mit FPÖ

Der Gipfel der Europäischen Union (EU) in Lissabon stand gestern im Schatten des Konfliktes mit Österreich. Weitgehende Einigkeit herrschte unter den Staats- und Regierungschefs über eine gemeinsame Strategie für Wirtschaftswachstum und mehr Beschäftigung.

Der Gipfel der Europäischen Union (EU) in Lissabon stand gestern im Schatten des Konfliktes mit Österreich. Weitgehende Einigkeit herrschte unter den Staats- und Regierungschefs über eine gemeinsame Strategie für Wirtschaftswachstum und mehr Beschäftigung. Während eines gemeinsamen Frühstücks vereinbarten der französische Staatspräsident Jacques Chirac und der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder, die deutsch-französische Zusammenarbeit weiter zu intensivieren. Nach den amerikanische Wahlen wollen sie eine deutsch-französische Position zur Reform des Internationalen Währungsfonds (IWF) vorlegen.

Trotz vorsichtiger Interventionen einiger Mitgliedstaaten, das Verhältnis zu Österreich wieder zu normalisieren, änderte sich die Position der Vierzehn gestern nicht. Der portugiesische Ministerpräsident und EU-Ratspräsident Antonio Guterres wie auch Bundeskanzler Gerhard Schröder sagten, es gebe keinen Grund, von der bisherigen Politik abzurücken. Schröder meinte, er gehe nicht davon aus, dass einer der anderen Staats- und Regierungschefs dies vorschlagen werde. Selbst die österreichische Regierung räumte ein, dass sie nicht mit einem Politikwechsel rechnet.

Dass es zu einem Gruppenfoto der vierzehn mit dem österreichischen Kanzler Wolfgang Schüssel kam, hatte dieser auch der Tatsache zu verdanken, dass der mexikanische Präsident Ernesto Zedillo aus Anlass eines europäisch-mexikanischen Handelsabkommens nach Lissabon gekommen war. Das traditionelle "Familienfoto" der EU-Mitglieder wurde deshalb durch ein Gruppenfoto mit Zedillo ersetzt. Der österreichische Kanzler Wolfgang Schüssel hatte beim Abendessen Gelegenheit die Regierungsbeteiligung der FPÖ noch einmal zu verteidigen. Der österreichische Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ) warf den übrigen vierzehn EU-Mitgliedstaaten abermals vor, mit den symbolischen Sanktionen gegen Österreich den Europäischen-Verträgen zu widersprechen. Er sagte jedoch auch: "Das Verhältnis ist von Gipfel zu Gipfel besser geworden. Ohne Medien verlaufen die Gespräche wie unter Freunden oder Partnern". Die 14 Partnerstaaten der EU hatten vor knapp zwei Monaten ihre bilateralen Beziehungen zu Wien heruntergefahren, nachdem dort die rechtspopulistische FPÖ an der Regierung beteiligt wurde.

Zu weitgehendem Konsens kam es schon im ersten Teil der Verhandlungen über die von der portugiesischen Ratspräsidentschaft vorgeschlagene Offensive für Innovation und Beschäftigung. So wurde beschlossen, die modernen Technologien, die Qualifizierung von Arbeitskräften und die Nutzung des Internets für die Wirtschaft voranzutreiben. Vor allem mit kostenlosen Internetanschlüssen will die EU den Rückstand zu den USA bei der Kommunikationstechnologie aufholen

Wachstum von drei Prozent

Die Staats- und Regierungschefs wollten sich auf die Zielvorgabe einer durchschnittlichen Wachstumsquote von drei Prozent einigen. Die amerikanische Wirtschaft wächst seit Jahren nahezu doppelt so stark wie die in Europa, und das bei relativer Vollbeschäftigung.

Schröder sagte, es sei eines seiner Ziele, in der Union "möglichst rasch zu sehr preisgünstigen, gegen Null gehenden" Gebühren beim Internet-Anschluss zu kommen. In Regierungskreisen wurde auf Modelle in anderen Staaten verwiesen, wo Telefongesellschaften und Internet-Versorger die Anschluss- und Verbindungsgebühren mit Werbung finanzieren.

Für Schröder ist die Durchsetzung eines hohen Standards bei der Kommunikationstechnologie in der EU eine "Frage an die Bildungspolitiker in den Mitgliedstaaten". Er verwies darauf, dass die europäische Identität in der Vergangenheit auf zwei Säulen geruht habe: "der ökologischen Vernunft und dem sozialen Zusammenhalt. Der wird bei uns nicht kleingeschrieben", meinte er, und deshalb müsse man über die Frage des Rückstands zu den Vereinigten Staaten "sehr differenziert reden".

Auch die Festlegung darauf, die Beschäftigungsquote - also den Anteil der Erwerbstätigen unter den 18- bis 64-Jährigen - von jetzt 61 Prozent auf 70 Prozent wie in den USA zu erhöhen, war nach Ansicht deutscher Kreise realistisch. Statt sich auf ein Arbeitslosenziel von vier Prozent zu einigen, werde wohl das Ziel der Vollbeschäftigung vereinbart. Deren Definition soll aber offen bleiben.

msb

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