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Schröder Gaddafi

© dpa

Polizei-Skandal: Schröder: "Keine Verwicklung in Libyen-Affäre"

Reine Theorie? Staatschef Gaddafi bot seine Dienste an, um die deutsche Familie Wallert im Jahr 2000 aus den Fängen ihrer Entführer auf der Insel Jolo zu befreien. Gerhard Schröder bot ihm dafür die Polizei-Ausbildung an. Jetzt lässt Schröder kontern: Offenkundiger "Unsinn".

Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat jede Verwicklung in die Affäre um Ausbildungshilfe von deutschen Polizisten und Soldaten für Libyen bestritten. Die Berichte über eine angebliche Absprache mit Libyens Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi seien "offenkundig an den Haaren herbeigezogener Unsinn", sagte ein Sprecher des Ex-Kanzlers in Berlin. Auch der Bundesnachrichtendienst (BND) dementierte jede Beteiligung. Über alle Parteigrenzen hinweg verlangten Abgeordnete eine restlose Aufklärung der Vorwürfe.

Dabei geht es im Kern darum, dass rund 30 deutsche Polizisten und Soldaten - einige davon noch im Dienst, andere schon ausgeschieden - in den Jahren 2005/06 in Libyen Ausbildungshilfe für die dortigen Sicherheitskräfte geleistet haben. Angeblich geschah dies alles in der Freizeit und ohne Wissen der zuständigen Behörden. Inzwischen laufen Disziplinarverfahren. Außerdem prüft die Staatsanwaltschaft Düsseldorf, ob Dienstgeheimnisse verraten wurden - zum Beispiel Eingreif- oder Schießtechniken von Sonderkommandos wie der Antiterroreinheit GSG 9.

Mögliche Gegenleistung für die Freilassung der Familie Wallert

Nach Informationen der "Bild am Sonntag" war die deutsche Hilfe möglicherweise eine Gegenleistung für Libyens Unterstützung bei der Freilassung der deutschen Familie Wallert, die 2000 auf den Philippinen entführt worden war. Die Hilfe soll Thema bei einer offiziellen Begegnung zwischen Schröder und Gaddafi im Oktober 2004 sowie einem "Geheimtreffen" der beiden in Kairo 2003 gewesen sein. Schröder kündigte die Einschaltung eines Rechtsanwaltes an, um die "falschen Behauptungen" richtigstellen zu lassen. Ein "Geheimtreffen" mit Gaddafi habe es nie gegeben.

Der außenpolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Eckart von Klaeden (CDU), verlangte in der "tageszeitung" "schnelle und umfassende" Aufklärung. Grünen-Fraktionsvize Hans-Christian Ströbele sagte: "Die Art der Zusammenarbeit mit den Repressionsorganen eines Staates, in dem Menschenrechte nicht gelten, ist ungeheuerlich." FDP-Chef Guido Westerwelle warnte vor einem "massiven politischen Skandal". Die Innenexperten von CDU/CSU und SPD, Wolfgang Bosbach und Dieter Wiefelspütz, kündigten an, das Thema vor das geheim tagende parlamentarische Gremium zur Kontrolle der Geheimdienste (PKG) zu bringen. Der BND dementierte einen Bericht der "Berliner Zeitung", wonach er die Lehrgänge "beratend begleitet" habe. "Der BND hat weder Ausbildungshilfe geleistet, noch war er beratend oder begleitend eingebunden", sagte ein Sprecher am bereits Samstag. Auch das Auswärtige Amt bestritt jede Mithilfe. Die Botschaft in Tripolis habe die Aktivitäten der Sicherheitsfirma "in keiner Weise unterstützt", betonte Ministeriumssprecher Martin Jäger.

Ausbilder aus Bundeswehrkreisen

Dem "Spiegel" zufolge dauerte der Einsatz der inzwischen insolventen Sicherheitsfirma BDB Protection GmbH von Dezember 2005 bis Juni 2006. Das Ausbildungsprogramm für etwa 120 libysche Polizisten fand demnach hauptsächlich in einer Kaserne in Tripolis statt. Dazu gehörte auch das "taktische Vorgehen beim Zugriff in Gebäuden" sowie das Entern von Schiffen und das Absetzen aus Hubschraubern. Das Unternehmen habe dafür insgesamt 1,6 Millionen Euro bekommen, die einzelnen Beamten bis zu 50.000 Euro.

Unter den Ausbildern war nach Informationen aus Bundeswehr-Kreisen ein Hauptfeldwebel, der im Personenschutz von Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan tätig war. Dem "Tagesspiegel" zufolge trainierte er einige Leibwächter Gaddafis. Der Mann ist inzwischen vom Dienst suspendiert. Außerdem waren auch etwa zehn ehemalige Bundeswehr-Soldaten bei dem Programm dabei.

Libyen stand bis Mai 2006 auf der Liste der Staaten, die Terrorismus unterstützen. Trotz der Öffnung gegenüber dem Ausland werden auch heute noch massive Verletzungen der Menschenrechte beklagt. (dm/dpa)

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