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Polizeibeamter verlangt Rehabilitierung: Hessens LKA-Chefin unter Druck

Mit einem Befreiungsschlag wollte Hessens neuer Innenminister Boris Rhein (CDU) die ständigen Berichte über Mobbingvorwürfe in der hessischen Polizei beenden.

Wiesbaden - In der vergangenen Woche feuerte Rhein mit Landespolizeipräsident Norbert Nedela seinen obersten Polizeibeamten. Bei der Vorstellung des neuen Chefpolizisten sagte Rhein, unter seiner Verantwortung hätten weder schwarze Personalakten noch Kaderdenken Platz.

Die hessische Polizei ist seit Jahren auf negative Schlagzeilen abonniert. Besonders schwer wiegt dabei der Vorwurf des systematischen Mobbings, der sich vor allem gegen die Präsidentin des Landeskriminalamts, Sabine Thurau, richtet. Gegen sie ermittelt inzwischen sogar die Staatsanwaltschaft. Am Mittwoch muss die LKA-Chefin im Frankfurter Justizpalast als Zeugin auftreten. Sie wird dort einen alten Bekannten treffen, dem sie möglicherweise übel mitgespielt hat.

Thuraus Gegenspieler vor der 4. Zivilkammer des Landgerichts ist Jochen Zahn. Bis zum 10. März 2006 galt er als untadeliger Polizeibeamter. Er hatte zuletzt die Personenfahndung im Polizeipräsidium Frankfurt geleitet. Doch an diesem Tag im März 2006 teilte Thurau, damals Vize-Chefin des Frankfurter Polizeipräsidiums, Zahn überraschend mit, dass er mit sofortiger Wirkung suspendiert sei. Kollegen hatten ihr vermeintlich kompromittierendes Material gegen Zahn vorgelegt. Zahn habe Reisen und Arbeitszeit falsch abgerechnet und gegen das Waffengesetz verstoßen, lauteten unter anderem die Vorwürfe. Nach dreijährigen Ermittlungen fand die Staatsanwaltschaft aber am Ende keinerlei Anhaltspunkte für eine Straftat. Das interne Disziplinarverfahren gegen Zahn endete mit dem gleichen Ergebnis.

Trotz der schweren Belastungen durch das langwierige Verfahren habe sich Zahn „zu jeder Zeit sachlich und professionell“ verhalten, schreibt der Chefermittler des Disziplinarverfahrens in seinem Abschlussbericht. In den Akten finden sich aber reihenweise Hinweise darauf, dass Zahns Vorgesetzte alles taten, um einen Freispruch erster Klasse zu verzögern oder zu verhindern. Obwohl Frau Thurau in einem anderen Verfahren vor Gericht bestritten hat, mit Ermittlern des LKA über die Vorgänge gesprochen zu haben, finden sich im offiziellen Ablaufkalender, den der Tagesspiegel einsehen konnte, mehrere Hinweise auf das Gegenteil. Ein Ermittler schreibt dort, Frau Thurau sei entschlossen, einen Kollegen zu Aussagen gegen Zahn zu „animieren“. Den Beschuldigten entlastende Dokumente wurden der Staatsanwaltschaft offenbar vorenthalten und erst im späteren Disziplinarverfahren bekannt. Noch im Juni 2008 versuchte Frankfurts Polizeipräsident Achim Thiel mit einem Schreiben an die Staatsanwaltschaft eine Einstellung des Verfahrens zu verhindern. Mit dem Zivilprozess will Zahn jetzt seine endgültige Rehabilitierung erzwingen.

Eine Suspendierung oder Beurlaubung Thuraus lehnt Innenminister Rhein strikt ab, trotz der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen und täglich neuen Enthüllungen im Fall Zahn. Sollte an anderer Stelle eine Suspendierung zu Unrecht erfolgt sein, berechtige ihn das nicht dazu, ebenfalls eine rechtswidrige Suspendierung vorzunehmen, sagte er dazu dem Tagesspiegel. Christoph Schmidt Lunau

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