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Porträt eines Bürgerrechtlers: Hu Jia: "Ich bin nicht gegen die Regierung"

Seit April verbüßt der chinesische Bürgerrechtler Hu Jia eine dreieinhalbjährige Strafe. Jetzt erhielt er den Sacharow-Preis für Meinungsfreiheit. Ein Porträt.

Schon als er noch öffentlich reden konnte, machte er sich um die Gefahren seiner Arbeit keine Illusionen. „Wenn ich bei den Herrschenden so viele Feinde habe, muss meine Arbeit irgendwie von Bedeutung sein.“ So sieht es auch das Europäische Parlament: Einen Tag vor der Eröffnung des Pekinger Asem-Treffens, dem Gipfel der Regierungschefs von EU- und Asean-Staaten, haben die Straßburger Abgeordneten Hu Jia mit dem Sacharow-Preis für Meinungsfreiheit ausgezeichnet. Der 35-Jährige, der sich für Aidskranke, Tibet, Redefreiheit und Umweltschutz engagiert, verbüßt seit April eine dreieinhalbjährige Strafe wegen „Anstiftung zum Umsturz der Staatsgewalt“.

Der chinesische EU-Botschafter Song Zhe hatte die Auszeichnung bis zum letzten Moment mit Briefen, E-Mails und Telefonaten zu verhindern versucht und mit ernsthaftem Schaden für die europäisch-chinesischen Beziehungen gedroht. Parlamentspräsident Hans- Gert Pöttering nutzte die Bekanntgabe des mit 50 000 Euro dotierten Preises dennoch für einen Frontalangriff auf die Pekinger Regierung und erklärte, Hu erhalte den Preis im Namen „der unterdrückten Stimmen in China und Tibet“.

Chinas Staatsmedien schwiegen das Thema am Donnerstag vollständig tot. Dabei traf die Auszeichnung Pekings Propagandabehörden nicht unerwartet. Anfang des Monats war Hu bereits als Anwärter auf den Friedensnobelpreis gehandelt worden. Damals hatte es bereits Versuche gegeben, Hu öffentlich zu diffamieren.

Dabei hat sich Hu stets für die Bedürfnisse der chinesischen Bevölkerung eingesetzt. 1996 verzichtete er nach seinem Studium der Informationstechnik auf einen gut bezahlten Job, um sich als Umweltschützer zu engagieren. 1999 wurde er auf einen Aids-Skandal in der Provinz Henan aufmerksam, bei dem Blutkäufer mit infizierten Nadeln das HI-Virus in Umlauf brachten. Mit Freunden gründete er eine Hilfsorganisation, das Aizhixing Institute of Health Education. Die Gesundheitsbehörden, die erst durch die Aktivisten auf den Fall aufmerksam geworden waren, warfen ihm zum Dank den Verrat von Staatsgeheimnissen vor.

Im Februar 2006 wurde Hu von der Polizei gekidnappt und 41 Tage ohne Anklage festgehalten. Anfang April wurde der Hepatitiskranke Hu dann zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt, seine Aussagen in internationalen Medien dienten vor Gericht als Beweismittel für den Vorwurf der Subversion. Seine Frau Zeng Jinyan, die selbst in Internetblogs auf Chinas Probleme aufmerksam gemacht hatte, lebt seitdem mit der einjährigen Tochter des Paares unter steter Bewachung. Für eine Stellungnahme war sie am Donnerstag nicht zu erreichen: Kurz nach Bekanntgabe des Preises wurde ihr Telefon abgestellt.

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