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Politik: Porträt: Ministerpräsident Ibrahim al-Dschafari

Mit Ibrahim al-Dschafari hat Präsident Dschalal Talabani einen Iraker mit der Regierungsbildung beauftragt, der Jahrzehnte seines Lebens dem Kampf gegen das Regime von Saddam Hussein gewidmet hat.

Bagdad/Kairo - Der gläubige Schiit Al-Dschafari ist zwar Vorsitzender einer islamischen Partei mit dem Namen Dawa (Mission). Dennoch ist er kein Verfechter eines islamischen Radikalismus. Auch ist er kein Volkstribun, der gerne pathetische Reden hält. Oft spricht er sogar so leise und undeutlich, dass seine Zuhörer Mühe haben, alles zu verstehen.

Al-Dschafari hat lange Zeit im Exil verbracht und doch nie den Bezug zur Heimat verloren. Politische Weggefährten beschreiben ihn als aktiven aber auch besonnenen Mann. Mit seinem kurz gestutzten Bart und seinen dunklen Anzügen wirkt der 58 Jahre alte Chef der Dawa-Partei auf die Angehörigen anderer Religionsgruppen und auch auf viele eher säkular orientierte Schiiten weniger abschreckend als etwa der radikale Heißsporn Muktada al-Sadr.

Kritiker sagen der schiitischen Dawa-Partei zwar eine zu enge Bindung an das Regime in Teheran nach. Al-Dschafari hat jedoch immer wieder betont, dass er eine Beteiligung der Religionsgelehrten an der Macht nach iranischem Modell ablehnt. Obwohl die Mitglieder seiner Partei unter dem Regime von Saddam Hussein genauso unerbittlich verfolgt wurden wie die Kommunisten und die Kurden, setzt Al- Dschafari heute auf Dialog und Versöhnung.

Gleichzeitig betont er, die Basis für die Verfassung, die von der neuen Führung in den kommenden sechs Monaten ausgearbeitet werden soll, werde nicht allein der Islam sein. Genau wie die Islamische Partei der Sunniten, so versucht auch er, Vorwürfe zu entkräften, seine islamisch-konservative Partei wolle die Frauen an den Herd zurückschicken.

Ibrahim al-Dschafari wurde 1947 als Sohn einer frommen Familie in der Pilgerstadt Kerbela geboren. Seine politische Karriere begann bereits in seiner Zeit als Medizinstudent an der Universität Mossul. Nachdem das Saddam-Regime die Dawa-Partei verboten und Tausende ihrer Mitglieder hingerichtet hatte, floh Al-Dschafari 1980 nach Iran. 1989 ließ er sich in London nieder, wo er bis zu seiner Rückkehr in den Irak nach dem Einmarsch der Amerikaner im April 2003 lebte.

Was seinem Ansehen in den Augen derjenigen Iraker schadet, die strikt gegen die US-Präsenz sind, ist die Tatsache, dass er dem Provisorischen Regierungsrat angehörte, den die Amerikaner nach dem Krieg gegründet hatten. Bei der von den Vereinten Nationen unter den wachsamen Augen der US-Besatzungsmacht vollzogenen Ernennung der Übergangsregierung im Juni 2004 wurde er einer von zwei Vizepräsidenten. Al-Dschafari tritt auch jetzt nicht für einen schnellen Abzug der US-Truppen ein, da er in diesem Fall mit einer weiteren Verschlechterung der Sicherheitslage rechnet. Al-Dschafari ist Vater von fünf Kindern und hat neben der Medizin auch Religionsstudien betrieben. (tso)

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