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Lange beherrschte Socrates die Schlagzeilen als Portugals Premierminister. Nun tut er es wieder - als Gefallener.

© dpa

Portugals Ex-Premier: Jose Socrates: Absturz einer Lichtgestalt

Portugals früherer Polit-Star und Regierungschef wird von einer Vergangenheit eingeholt. Er muss sich wegen Korruption, Geldwäsche und Steuerbetrugs verantworten.

Vielen galt er als Lichtgestalt, in vielerlei Hinsicht. „George Clooney von Portugal“ wurde der smarte Sozialist mit dem gepflegten grauen Haar früher gerufen. Oder auch, etwas kritischer, „Armani-Politiker“, wegen seiner Vorliebe für Designeranzüge. Nun wurde Jose Socrates, der von 2005 bis 2011 Portugals Ministerpräsident war, von seiner Vergangenheit eingeholt. Ein Untersuchungsrichter in der Hauptstadt Lissabon beschuldigt ihn der Korruption, Geldwäsche sowie des Steuerbetrugs und schickte ihn nach tagelangem Verhör in Untersuchungshaft.

Die Vorwürfe wiegen schwer. Socrates soll in seinen früheren Ämtern als Umweltminister und Regierungschef käuflich gewesen sein und Bestechungsgelder kassiert haben. Allein auf einem Konto in der Schweiz sollen sich vorübergehend rund 20 Millionen Euro befunden haben. Über verschlungene Finanzkanäle wurde das Geld anscheinend gewaschen und floss nach Portugal zurück. Oder möglicherweise auch in eine Luxusimmobilie in Paris, wo sich Socrates für 2,8 Millionen Euro ein nobles Apartment mit Blick auf den Eiffelturm geleistet haben soll.

In Haft. Portugals ehemaliger Sozialistenführer und Ministerpräsident Socrates.
In Haft. Portugals ehemaliger Sozialistenführer und Ministerpräsident Socrates.

© Reuters

Der Verdacht, dass der schöne Schein des Socrates nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmt, geistert schon länger durch Portugal. Auch wenn dem 57-Jährigen bisher nie etwas bewiesen werden konnte. Schon als Regierungschef verfolgten ihn Vorwürfe, dass er sein Ingenieursdiplom erschwindelt habe. Genauso wie Vermutungen, dass er im Jahr 2002 als portugiesischer Umweltminister den Bau eines großen Einkaufszentrums in einem Landschaftsschutzgebiet am Rande Lissabons nach Schmiergeldzahlungen erleichtert haben soll.

Die Korruptionsermittler kamen ihm nun eher zufällig auf die Spur, weil seine portugiesische Bank verdächtige Bewegungen auf seinem Konto festgestellt hatte, die sofort in Erfüllung der europäischen Geldwäschegesetze den Behörden gemeldet wurden. Die weitere Prüfung des Falles brachte den Stein dann ins Rollen. Die Fahnder entdeckten, dass Socrates’ Privatchauffeur im Auto regelmäßig größere Bargeldsummen nach Paris transportierte, wo sich Ex-Premier Socrates an einer Universität dem Studium der politischen Philosophie widmete.

Als Socrates dann wieder einmal zum Heimatbesuch nach Portugal kam, ließ die Polizei die Falle zuschnappen und nahm ihn auf dem Flughafen Lissabon fest. Zeitgleich wurden zwei Unternehmer, mit denen er Geschäfte gemacht hatte, sowie sein Fahrer in Gewahrsam genommen. Dieser und andere Skandale bestätigten derweil viele Portugiesen in dem Urteil, dass ihre Staatsrepräsentanten auch nicht besser sind, als jene im benachbarten Spanien, wo ein Korruptionsskandal nach dem anderen die politische Elite des Landes erschüttert.

Auch in Portugal häufen sich die Fälle. Erst Mitte November musste Portugals konservativer Innenminister Miguel Macedo zurücktreten, weil er offenbar in einen Korruptionsring verwickelt war, der Aufenthaltserlaubnisse an reiche Ausländer vermittelt haben soll.

Nach Ende seiner Regierungszeit hatte sich Socrates in einem TV-Interview noch als armer Schlucker dargestellt. Er habe sogar seine Bank „um Kredit bitten müssen, um sein Studium in Paris bezahlen zu können“. Aber in Sachen Imagepflege und Fassadenbau war Jose Socrates schon immer ein Meister. Das fing bereits zu Beginn seiner politischen Karriere bei den Sozialisten vor über 35 Jahren an: Weil sein wirklicher Nachname Carvalho Pinto de Sousa nicht besonders aufregend war, machte er damals kurzerhand seinen zweiten Vornamen Socrates zum werbewirksamen Nachnamen.

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