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Politik: Portugals Präsident der Herzen tritt ab

Lissabon - Bequem war der Mann nie, was seiner Beliebtheit aber nicht geschadet hat. Jorge Sampaio (66), seit zehn Jahren international angesehener Staatspräsident Portugals, scheidet nach zwei Legislaturperioden aus dem Amt.

Lissabon - Bequem war der Mann nie, was seiner Beliebtheit aber nicht geschadet hat. Jorge Sampaio (66), seit zehn Jahren international angesehener Staatspräsident Portugals, scheidet nach zwei Legislaturperioden aus dem Amt. Und er lässt eine traurige Nation zurück. Denn der Mehrheit der gut zehn Millionen Portugiesen gefiel der linke Intellektuelle, der selten ein Blatt vor den Mund nahm.

Seinen spektakulärsten Auftritt hatte der gelernte Jurist Ende 2004, als er den populistischen konservativen Regierungschef Pedro Santana Lopes wegen „Unfähigkeit“ absetzte und Neuwahlen einberief. In guter Erinnerung haben die Portugiesen zudem, dass sich Sampaio 2003 dem Kriegsgetrommel des konservativen Ex-Premiers José Manuel Barroso, heute EU- Kommissionschef, widersetzte und den Angriff auf den Irak als illegal verurteilte.

Doch auch seiner Sozialistischen Partei sprach der höchste Staatsmann regelmäßig ins Gewissen. Der frühere sozialistische Regierungschef Antonio Guterres, der Ende 2001 aufgab, und dessen politischer Ziehsohn, der heutige Premier José Sócrates, können ein Lied davon singen. Sampaio, der gerade erst die schlingernde Socrates-Regierung zu weiteren „politischen, wirtschaftlichen und finanziellen Reformen“ aufforderte, wurde zum Gewissen der Nation.

Seiner Popularität tat es auch keinen Abbruch, dass er kurz nach Amtsantritt 1996 das Volk mit dem Bekenntnis überraschte, kein gläubiger Katholik zu sein. Die Portugiesen vergaben ihm, der damalige Papst Johannes Paul II. war weniger nachsichtig: Er weigerte sich 1997, den geschiedenen Sampaio mit seiner zweiten Frau zu empfangen.

Sampaio begann seine Karriere als Anwalt in Lissabon. Er verteidigte während der bis 1974 dauernden Salazar-Diktatur politische Gefangene. 1978, vier Jahre nach der „Nelkenrevolution“, fand er zur Sozialistischen Partei . Seine außerordentlich erfolgreiche Arbeit als Bürgermeister in Lissabon ebnete ihm schließlich den Weg ins Präsidentenamt.

Ralph Schulze

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