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Gewählt: Eine junge Ägypterin hat ihr Kreuz gemacht.

© Katharina Eglau

Präsidentenwahl: Ägypter gehen mit großen Hoffnungen an die Wahlurnen

Zum ersten Mal können die Ägypter in freien Wahlen ihren neuen Präsidenten wählen. Die Wünsche der Menschen an den Wahlurnen sind so vielfältig wie ihre Gesichter. Vor allem aber wollen sie einen Präsidenten, der für das Volk da ist und nicht umgekehrt.

Lange Schlangen und festliche Mienen - vor allen Wahllokalen in Ägyptens Hauptstadt am Mittwoch dasselbe Bild. Mohammed Darby wartete bereits seit anderthalb Stunden draußen entlang der Schulmauer, bevor er gegen Mittag endlich auf den Hof der Mittelschule im Stadtteil Mohandessin vorgelassen wird. „Das ist ein großer Tag für mein Land“, sagt der 71-Jährige, der sein Leben lang als Buchhalter bei der Staatsbank Ägyptens gearbeitet hat. „Ich habe alle Präsidenten erlebt –  Nasser, Sadat, Mubarak - der Neue aber ist der erste, den ich selber mitwählen darf“.

Wie er sind 50 Millionen Ägypter zwei Tage lang aufgerufen, an den Urnen ihr neues Staatsoberhaupt zu bestimmen. 13.000 Wahllokale im ganzen Land sind geöffnet. Die Stimmzettel zeigen in Farbe die Köpfe und Namen der zwölf Kandidaten, kombiniert mit speziellen Symbolen für die Analphabeten: Muslimbruder Mohamed Mursi hat eine Waage, Abdel Moneim Abolfotoh ein Pferd, der langjährige Generalsekretär der Arabischen Liga, Amre Moussa, eine Sonne sowie Ex-Premier und Ex-Luftmarschall Ahmed Shafiq eine Leiter.

Der Wahlzettel zeigt die Kandidaten.
Der Wahlzettel zeigt die Kandidaten.

© Katharina Eglau

Zwei Islamisten und zwei Säkulare, diese vier werden den Kampf um das höchste Staatsamt wohl am Ende unter sich ausmachen. Zuverlässige Prognosen gibt es in Ägypten nicht, da das Land keinerlei Erfahrungen mit repräsentativen Wahlumfragen hat. Wahrscheinlich aber wird niemand im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit der Stimmen erreichen. Und so fällt die Entscheidung erst in der Stichwahl am 16. und 17. Juni. Ende Juni will der Oberste Militärrat (SCAF) dann die Macht an die neue zivile Staatsspitze übergeben, ein Akt, der einen vorläufigen Schlusspunkt setzt unter die tumultreiche Interimsherrschaft der Armee nach dem Sturz von Hosni Mubarak am 11. Februar 2011.

Die Wünsche der wartenden Wahlbürger an ihren neuen Präsidenten jedenfalls sind so vielfältig wie ihre Gesichter. Die einen wollen endlich wieder Sicherheit auf den Straßen, die anderen hoffen auf eine Rückkehr der Touristen, die dritten auf mehr Unterstützung für die Armen und wieder andere auf bessere Gehälter. Vor allem aber müsse der Neue für sein Volk da sein und nicht umgekehrt, betonen sie. Zeinab Fahdi studiert Wirtschaftswissenschaften im dritten Jahr. „Ich bin total aufgeregt, aber auch in Sorge“, sagt die 22-Jährige, die in der Gamal Abdel Nasser Grundschule in Dokki abgestimmt hat.

Zweifel hat sie, ob am Ende alle Seiten das Ergebnis ohne Gewalt akzeptieren werden. „Für mich ist die Hauptsache, dass es keine weiteren Unruhen und Straßenschlachten mehr gibt.“ Für wen sie abgestimmt hat, will sie nicht sagen. „Das fällt unter das präsidiale Geheimnis“, schmunzelt sie, bevor sie mit ihrem lila Wahlfinger davoneilt.

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