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Politik: Präsidentenwahl in Polen: Vollmundige Versprechen und antideutsche Töne

"Weg mit dem Säufer", hallt es den Königstrakt der Warschauer Innenstadt hinunter. "Wir wollen Krzaklewski!

"Weg mit dem Säufer", hallt es den Königstrakt der Warschauer Innenstadt hinunter. "Wir wollen Krzaklewski!" Zehntausend Demonstranten haben sich vom Pilsudski-Platz aufgemacht in Richtung Präsidentenpalast und Parlament, um für ein umstrittenes Gesetz zur Vergabe von kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungen an ihre Mieter und zur Verteilung staatlicher Ackerflächen an Bauern zu demonstrieren, das Präsident Kwasniewski mithilfe seine Vetorechts blockiert hat. Das Gesetz ist der Wahlkampftrumpf von Marian Krzaklewski, dem Vorsitzenden des konservativen Wahlbündnisses Solidarität (AWS). Am kommenden Sonntag wird in Polen das Staatsoberhaupt gewählt. "Wählt mich, und ich unterschreibe das Gesetz, mit dem ihr umsonst Eigentümer Eurer Mietwohnungen werdet", verkündet Krzaklewski landauf, landab. Auch antideutsche Töne fehlen dabei nicht. Krzaklewskis Wahlhelfer behaupten, ohne das Gesetz könnten deutsche Vertriebene polnische Güter in den ehemaligen deutschen Ostgebieten nach dem EU-Beitritt Polens in Brüssel einklagen.

Mit dem Gesetz ist es Krzaklewski gelungen, fast die gesamte gemäßigte und radikale Rechte hinter sich zu sammeln. Gereicht hat das aber auch nicht, um alle rechten Gegenkandidaten aus dem Feld zu schlagen. In den meisten Umfragen liegt Krzaklewski auf einem abgeschlagenen dritten Platz, überholt vom früheren Außenminister Andrzej Olechowski, der einen vergleichsweise bescheidenen Wahlkampf führt. Immerhin ist es Krzaklewski in den letzten zwei Wochen vor dem Wahlgang gelungen, den schläfrigen Wahlkampf zu polarisieren - mit Hilfe eines Wahlkampfspots, der den amtierenden Präsidenten offensichtlich betrunken auf einem polnischen Offiziersfriedhof in der Ukraine zeigt. Der gleiche Clip zeigt auch, wie Kwasniewskis Minister Marek Siwiec auf dem Flughafen von Kalisz 1997 den Papst nachäfft, in dem er die Erde küßt und die Umstehenden segnet. Seit der ersten Ausstrahlung des Films hat Kwasniewski in den Umfragen neun Prozentpunkte verloren und nähert sich nun langsam der 50-Prozentgrenze. Eine Stichwahl wird damit wahrscheinlicher.

Doch anders als Krzaklewskis Stab erhoffte, kommt die Polarisierung gar nicht dem AWS-Chef zugute, sondern dem moderat auftretenden Olechowski. Falls es zur Stichwahl kommt, wird eher dieser in die zweite Runde kommen, obwohl er das letztlich Krzaklewskis Strategie verdankt. Auch Präsident Kwasniewskis Stab kommt diese Entwicklung zugute, denn die Polarisierung zwingt dessen Anhänger, zur Wahl zu gehen. Viele wären sonst angesichts des gewaltigen Vorsprungs Kwasniewskis zu Hause geblieben. Denn dass Kwasniewski die Wahl verliert, gilt an der Weichsel weiterhin als nahezu ausgeschlossen.

Jan Stanczyk

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