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Politik: Präsidentenwahl in Serbien erneut gescheitert

Mindestbeteiligung von 50 Prozent der Stimmen nicht erreicht

Belgrad. Knapp zwei Monate nach der gescheiterten Stichwahl ist in Serbien auch die Wiederholung der Präsidentenwahl am Desinteresse der Bürger gescheitert. Von den 6,5 Millionen Wahlberechtigten gaben am Sonntag nur 44,8 Prozent ihre Stimme ab, wie die unabhängige Wahlbeobachtergruppe Cesid nach Schließung der Wahllokale mitteilte. Für eine gültige Abstimmung war aber eine Mindestbeteiligung von 50 Prozent der Stimmen erforderlich. Zur Wahl standen diesmal der nationalkonservative jugoslawische Präsident Vojislav Kostunica und die beiden Ultranationalisten Vojislav Seselj und Borislav Pelevic.

Im Oktober hatte auch die Stichwahl zwischen den erfolgreichsten Kandidaten der ersten Runde, Kostunica und dem jugoslawische Vize-Premier Miroljub Labus, die erforderliche Mindestbeteiligung von 50 Prozent der Stimmen nicht erreicht. Kostunica lag damals mit 66,7 Prozent der Stimmen weit vorn. Das serbische Parlament war danach einer langjährigen Empfehlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) gefolgt und hatte die 50-Prozent-Hürde für die Stichwahl abgeschafft, nicht aber für die erste Runde.

Da die Amtszeit des scheidenden Präsidenten Milan Milutinovic Anfang Januar endet, könnte die zum Djindjic-Lager zählende Parlamentspräsidentin Natasa Micic für eine Übergangszeit das Amt ausüben. Spätestens nach drei Monaten müsste aber eine erneute Wiederholung der Wahl organisiert werden. Kostunica hatte bei seiner Stimmabgabe den serbischen Ministerpräsidenten Zoran Djindjic für ein mögliches Scheitern verantwortlich gemacht. Der Misserfolg der Wahl werde vorgezogene serbische Parlamentswahlen noch schneller herbeiführen und zu Djindjic Sturz führen, drohte Kostunica seinem Rivalen.

Die Verfassungskommission der beiden jugoslawischen Teilrepubliken Serbien und Montenegro einigte sich am Freitag Abend nach monatelangen Verhandlungen auf einen Verfassungsentwurf für den zukünftigen losen Staatenbund. „Wir beginnen ein neues Haus zu bauen, in dem für beide Familien Platz sein wird“, sagte der serbische Ko-Vorsitzende Dragan Josic nach der letzten Sitzung.

Nun müssen die Parlamente beider Teilrepubliken und das jugoslawische Bundesparlament den Entwurf verabschieden. Danach wäre auch der Weg für einen Beitritt des neuen Staates „Serbien und Montenegro“ in den Europarat frei, der Anfang November gescheitert war. Auch die Aufnahme von Verhandlungen über ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit der EU ist erst möglich, wenn „Serbien und Montenegro“ den alten Staat „Jugoslawien“ abgelöst haben.

Gemma Pörzgen

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