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Umstritten, belächelt, jetzt Präsidentschaftskandidat: Donald Trump

© dpa/EPA/Michael Reynolds

Präsidentschaftskandidat der US-Republikaner: Donalds Welt aus Wille und Vorstellung

Vor einem Jahr gab ihm kaum jemand eine Chance. Nun ist Donald Trump Präsidentschaftskandidat. Wer kann ausschließen, dass sein Weg ins Weiße Haus führt? Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Als kurz vor Mitternacht hunderte rote, weiße und blaue Luftballons aus der Decke der Arena fallen, als Ehefrau Melania klatschend auf die Bühne kommt und ihren Donald auf beide Wangen küsst, gefolgt vom jüngsten Sohn Barron sowie mit etwas Abstand den älteren Kinder Ivanka, Donald Junior und Eric mit ihren Ehepartnern, als Feuerwerk auf den Monitoren aufblitzt und es Konfetti regnet, da tritt die weltweit erstaunlichste Karriere der letzten zwölf Monate in eine neue Phase. Und wer will nach all den überraschenden Wendungen des zurückliegenden Jahres noch mit Sicherheit sagen, dieser Weg könne Trump nicht ins Weiße Haus führen?

Ein Kandidat voller Widersprüche

Auch der letzte Abend des viertägigen Parteitags in Cleveland, Ohio, hat wieder mindestens so viele Fragen aufgeworfen wie er Antworten gegeben hat. Trumps Kandidatur ist voller Widersprüche. Er bemüht sich gar nicht darum, diese Widersprüche aufzulösen. Er lässt sie einfach im Raum stehen, als störten sie ihn nicht weiter. Und wenn ihn doch einmal einer stört, trampelt er einfach darüber hinweg.

Warum setzen die Republikaner auf einen Mann, der Zweifel an seiner Treue zu den Grundüberzeugungen der Partei weckt? Trump trat früher für Abtreibungsfreiheit und die allgemeine Krankenversicherung ein. Jetzt tut er so, als sei er Abtreibungsgegner und wolle Obamas Gesundheitsreform rückgängig machen. Er biedert sich an die religiöse Rechte an. Dabei ist er zum dritten Mal verheiratet und hatte außereheliche Verhältnisse. Die Republikaner waren bisher die Partei des Freihandels. Jetzt jubeln sie einem Spitzenkandidaten zu, der die Freihandelsabkommen kündigen will.

Modernisierer und Nostalgiker zugleich

Trumps Rede war nationalistisch und protektionistisch. Er verspricht den Wählern die Rückkehr in eine heile Welt der Vergangenheit. Andererseits hat er neue Wähler für die Republikaner gewonnen, vor allem Bürger, die früher zu Hause blieben. Er hat die Öffnung für Homosexuelle durchgesetzt. Erstmals sprach ein bekennender Schwuler, der Venture-Kapitalist und Mitgründer des Zahlungssystems PayPal Peter Thiel, auf einem republikanischen Parteitag und das zur besten Sendezeit. So gesehen ist Trump Modernisierer und Nostalgiker zugleich.

Zu den Widersprüchen zählt auch, dass Trump seiner Frau und seinen Kindern die prominentesten Redezeiten der Convention gab. Doch die einzigen authentisch klingenden Anekdoten, was für ein Mensch dieser Donald Trump wirklich ist, kamen von einem Business-Partner, Tom Barrack, einem Immobilien-Investor libanesischer Abstammung - und nicht von den engsten Angehörigen, zu denen er doch angeblich ein so inniges Verhältnis hat. Was sagt das über Schein und Sein?

Große Versprechen ohne konkreten Plan

Und dann sind da die dreisten Verdrehungen von Fakten und die großmäuligen Versprechen, wohin Trump Amerika führen werde, die er aber mit keinem konkreten und glaubwürdigen Plan untermauert. "Die Kriminalität, die heute unser Land zerreißt, wird es bald nicht mehr geben. Am 20. Januar" - der Tag der Amtseinführung des nächsten Präsidenten - "wird die Sicherheit wieder hergestellt." Wie er das bewirken will, erfährt man nicht. "Ich werde den Menschenschmuggel und die illegalen Grenzübertritte beenden, glaubt mir! Wir setzen die Einreiseregeln und Gesetze durch." Auch hier bleibt er das Wie schuldig. Und ebenso bei der Verheißung: "Ich habe unzählige gute Deals abgeschlossen. Jetzt werde ich unser Land reich machen."

Trump rühmt sich, er habe die Zahl der Stimmen, die für die Republikaner in den Vorwahlen abgegeben wurden, um 60 Prozent erhöht. Hingegen sei die Teilnahme bei den Demokraten um 20 Prozent gesunken, das sei "gar nicht gut" für die Demokraten. In absoluten Zahlen sieht es gerade anders herum aus. Trump bekam rund 13 Millionen Stimmen in den Vorwahlen, Hillary Clinton rund 16 Millionen Stimmen.

Ein Mann aus der Elite setzt auf Elitenhass

Unter dem Strich hat Donald Trump eine Bewerbungsrede in Moll gehalten, in der er die Lage in den schwärzesten Farben darstellte. Weit mehr Passagen waren der Abrechnung mit Hillary Clinton und ihren Fehlern gewidmet als einer Ansage, was Trump anders machen möchte. Seine Bewegung lebt von der Ablehnung der Eliten, obwohl er doch selbst der Elite angehört. Er ist, wie der Prediger Jerry Falwell sagte, "Americas blue collar billionaire", der arbeiterfreundliche Milliardär.

Und so ist es am Ende eine offene Frage, ob ein Weg, der mit so viel Widersprüchen gepflastert ist, ins Weiße Haus führen kann. Die Antwort können nur Amerikas Wähler geben.

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