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Update

Präsidentschaftswahl in Frankreich: Hollande gewinnt erste Runde vor Sarkozy

Wie erwartet wählten die Franzosen am Sonntag den Sozialisten François Hollande und Amtsinhaber Nicolas Sarkozy in der zweiten Runde der Präsidentschaftswahl. Die Rechtsextreme Marine Le Pen schnitt überraschend gut ab.

Der Sozialist François Hollande hat die erste Runde der französischen Präsidentschaftswahl für sich entschieden: Der 57-Jährige erreichte nach nach Auszählung fast aller Stimmen 28,6 Prozent der Stimmen von etwa vier Fünfteln der Stimmen 28 Prozent, und lag damit vor dem konservativen Amtsinhaber Nicolas Sarkozy der auf 27,1 Prozent der Stimmen kam. Für das offizielle Endergebnis mussten noch die Stimmen der Franzosen, die im Ausland gewählt hatten, ausgezählt werden. Für die Stichwahl am 6. Mai sagen die Umfragen für Hollande einen deutlichen Vorsprung voraus: Eine am Montag von der Zeitung „Le Parisien“ veröffentlichte Umfrage des Institutes BVA sieht ihn bei 53 Prozent gegenüber 47 Prozent für Sarkozy. Hollande wäre der erste sozialistische Präsident seit dem Ende der Amtszeit von François Mitterrand im Jahr 1995.

Für viel Aufsehen sorgte das Ergebnis der rechtsextremen Marine le Pen, die mit 18,1 Prozent rechnen kann. Damit hätte Le Pen bei ihrer ersten Präsidentschaftswahl das beste Ergebnis für ihre Partei, die Front National, erzielt. Ihr Vater, Jean-Marie Le Pen hatte es 2002 überraschend in die Stichwahl geschafft und dabei 16,86 Prozent der Stimmen erreicht. Das reichte jedoch, um den Sozialisten Lionel Jospin auszustechen.

Der Chef der kommunistisch orientierten Linksfront, Jean-Luc Mélenchon, erreichte 11,1 Prozentt, der Zentrumspolitiker François Bayrou 9,1 Prozent.

Überraschend hoch war die Wahlbeteiligung, nachdem Meinungsforscher und Experten zuvor eine extrem hohe Zahl von Nicht-Wählern erwartet hatten. 80,2 Prozent der rund 44,5 Millionen wahlberechtigten Franzosen gaben am Sonntag ihre Stimme ab.

Damit lag der Wert gut drei Prozentpunkte unter der Beteiligung vor fünf Jahren, die besonders hoch gewesen war. Das Meinungsforschungsinstitut Ifop rechnet mit rund 80 Prozent Wahlbeteiligung bis zur Schließung aller Wahllokale um 20 Uhr. 2002 war die Wahlbeteiligung besonders niedrig gewesen.

Schon am Nachmittag war klar gewesen, dass Hollande in den Überseedepartements, wo die Wahl bereits am Samstag stattgefunden hatte, deutlich vor Sarkozy lag.

Beim zweiten Wahlgang am 6. Mai ist entscheidend, wie die Wähler der anderen acht Kandidaten, die es nicht in die Stichwahl geschafft haben, abstimmen. Hollande geht nun als hoher Favorit in das Duell. Laut Wahlforschern kann Hollande auf die Stimmen des linken Lagers, aber auch auf Protestwähler Le Pens hoffen. Ihm wird das deutlich größere Wählerreservoir zugesprochen.

Hollande sprach am Abend vor jubelnden Anhängern im zentralfranzösischen Tulle von einer "Abstrafung" für Nicolas Sarkozy. Er stehe für den Wandel, sagte der 57-Jährige und rief all diejenigen zu seiner Wahl am 6. Mai auf, die „ein neues Kapitel“ für Frankreich aufschlagen wollten. Auch Sozialisten-Chefin Martine Aubry sprach im Fernsehsender TF1 von einer „schrecklichen Ablehnung“ Sarkozys. Das Votum sei gleichzeitig ein Vertrauensbeweis für Hollande. Dessen Wahlkampfsprecher Manuel Valls sprach im Fernsehsender France 2 von einem „außergewöhnlichen Ergebnis“, das die Hoffnung auf einen Machtwechsel stärke.

Präsident Nicolas Sarkozy hat das Ergebnis der ersten Wahlrunde mit der Zukunftsangst der Franzosen begründet. „Die Franzosen haben ein Votum der Krise abgegeben“, sagte der 57-Jährige am Sonntag. In der Stichwahl in zwei Wochen stehe nun eine Richtungsentscheidung an. Im Namen der Vaterlandsliebe sollten sich die Franzosen um ihn scharen. „Es wird darum geben, wer die Verantwortung für unser Leben übernehmen wird und die Franzosen in den kommende fünf Jahren verteidigen wird.“ Er werde all seine Energie mobilisieren, betonte Sarkozy. Auch der Chef von dessen konservativer Partei UMP, Jean-François Copé, forderte die Anhänger des Präsidenten auf, weiter zu kämpfen. „Wir setzen den Kampf unter anderen Bedingungen fort“, sagte Copé im Fernsehsender TF1. Sarkozys Außenminister Alain Juppé wies darauf hin, dass die Entscheidung noch nicht gefallen sei.

Sarkozy wird nun versuchen, die Wähler von Marine Le Pen zu sich herüberzuziehen. Le Pens Wahlkampfleiter Florian Philippot kündigte allerdings umgehend nach der Wahl an, man werde den konservativen Amtsinhaber nicht unterstützen. „Nicolas Sarkozy ist schon erledigt“, sagte er. Le Pen selbst kündigte einen harten Kampf aus der Opposition heraus an. „Was auch immer kommt, der Kampf Frankreichs beginnt erst“, rief sie eine Stunde nach Schließung der Wahllokale ihren jubelnden Anhänger zu. „Ich werde das System zum Beben bringen. Nichts wird mehr sein, wie es war. Le Pen hält sich selbst für „die einzige und wirkliche Opposition“ gegen die Linke.

Sie sehe sich als die "einzige Opposition" zu den Linken. Le Pen kündigte an, am 1. Mai ihre Haltung zur Stichwahl zwischen dem Hollande und Sarkozy bekannt geben zu wollen.

Von einem „sehr alarmierenden Ergebnis“ sprach der Antikapitalist Jean-Luc Mélenchon, der auf dem vierten Platz landete. Mélenchon rief seine Anhänger indirekt zur Unterstützung Hollandes bei der Stichwahl auf: „Wir werden Sarkozy bekämpfen", sagte Mélenchon. „Unser Volk scheint fest entschlossen zu sein, die Sarkozy-Jahre abzuschließen.“ Die grüne Kandidatin Eva Joly, die nur auf zwei Prozent der Stimmen kam, rief ihre Anhänger ebenfalls auf, in der Stichwahl für Hollande zu stimmen.

Der Zentrumspolitiker Bayrou hingegen, der weit hinter seinen 18,5 Prozent aus dem Jahr 2007 zurückblieb legte sich noch nicht fest. Er kündigte lediglich an, dass er den beiden Kandidaten zuhören und dann „seine Verantwortung“ annehmen werde.

Ausländische Medien hatten die Ergebnisse bereits am Nachmittag veröffentlicht. Die Sperrfrist führte zu einer Protestbewegung bei Twitter, wo das Ergebnis verschlüsselt bereits am Nachmittag verkündet wurde.

Am Abend teilte die Kommission für Wahlumfragen in Frankreich mit, die Staatsanwaltschaft wegen der vorzeitigen Veröffentlichung von Hochrechnungen eingeschaltet zu haben. Es gebe Vorgänge, die „strafbar“ erschienen, teilte die Kommission am Sonntagabend in Paris mit. Davon seien Einzelpersonen ebenso wie Medienhäuser betroffen. In Frankreich war es unter Androhung einer hohen Geldstrafe verboten, Hochrechnungen zur Wahl vor 20 Uhr zu veröffentlichen. Bereits bei der Präsidentschaftswahl 2007 hatten ausländische Medien die Sperrfrist gebrochen. Wie befürchtet verbreiteten sich die Zahlen auch diesmal über das Internet rasend schnell.

Sarkozy zeigte sich bei der Abgabe seiner Stimme in Paris betont entspannt. Strahlend, ständig lächelnd und demonstrativ gut gelaunt erschien er in einer Schule in dem als besonders wohlhabend geltenden 16. Stadtviertel im Westen der Hauptstadt. Er wurde von seiner Frau Carla Bruni-Sarkozy begleitet, die er Anfang 2008 nach zwei gescheiterten Ehen geheiratet hatte.

Hollande ging gemeinsam mit seiner neuen Lebensgefährtin Valérie Trierweiler in Tulle (Mittelfrankreich) zur Wahl, wo er von 2001 bis 2008 Bürgermeister war. Er empfinde „Ehrfurcht“ an diesem wichtigen Tag, sagte er. Zuvor war Hollande mit Ségolène Royal zusammen gewesen, die 2007 für die Sozialisten bei der Präsidentenwahl angetreten und Sarkozy unterlegen war. Sie war es auch, die sich am Abend als eine der ersten sozialistischen Parteigrößen zu Wort meldet. Sie gratulierte aber nicht etwa ihrem Ex zum Erfolg, sondern äußerte sich zu Le Pen. „Das ist ein Protestvotum. Man muss sich an die Wähler wenden und sie verstehen“, sagte Royal.

Hollande hatte am Morgen bei seiner Stimmabgabe gesagt: „Diese Wahl hat Gewicht für die Zukunft Europas. Es geht nicht nur um einen Wettstreit der Persönlichkeiten, die Menschen wollen wissen, welche Politik folgen wir.“, Hollande will den Sparkurs Sarkozys lockern und Reformen zurücknehmen. „Ich muss meinem Land neuen Lebensatem geben und ein neues Bekenntnis für Europa abgeben.“ Sarkozy gab bei seiner Stimmabgabe keinen Kommentar ab.

Sowohl Hollande als auch Sarkozy hatten die Wahl zur Volksabstimmung über die Zukunft Frankreichs erklärt. Der Sozialist will den Sparkurs des Amtsinhabers abmildern, seine Rentenreform zum Teil zurücknehmen und mit Investitionen für mehr Wachstum sorgen. Er will bei seiner Wahl auch das Spardiktat aus Berlin durch neue Konjunkturmaßnahmen ergänzen. Sarkozy warnte in seinen letzten Wahlkampfauftritten eindringlich, bei einem Sieg Hollandes werde das Land von den Märkten abgestraft.

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hat den Ausgang des ersten Wahlgangs in Frankreich begrüßt. Ein sozialistischer Sieg in der Stichwahl in zwei Wochen „wäre ein wichtiges Signal für ganz Europa“, erklärte er am Sonntagabend in Berlin. „Nach den ersten Hochrechnungen hat François Hollande im ersten Wahlgang der französischen Präsidentschaftswahl die meisten Stimmen bekommen, das ist ein Riesenerfolg.“ Gabriel fügte hinzu: „Hollandes Erfolg zeigt: Ein soziales, gerechtes Europa ist möglich.“ Die gesamte SPD drücke dem sozialistischen Präsidentschaftskandidaten die Daumen.

mit dpa/AFP/dapd/rtr

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