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Bill und Hillary Clinton .

© AFP

Präsidentschaftswahlen in den USA: Jetzt geht's los, jetzt wird's schmutzig

Hillary Clinton und Donald Trump kommunizieren – und punkten – auf verschiedenen Ebenen. Damit haben die USA eine echte Wahl. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Nach den fünf Erdrutschsiegen in der Nacht zu Mittwoch darf sich Amerika und darf sich der Rest der Welt von den Gedankenspielen über einen Aufstand gegen Donald Trump auf dem Nominierungsparteitag verabschieden. Selbst wenn der Populist die nötige Delegiertenzahl 1237 verpasst – am Ende der Vorwahlen wird er rund doppelt so viele Delegierte haben wie der Nächstplatzierte Ted Cruz. Da können die Republikaner Trump die Kandidatur schwerlich verweigern.

Trump ist ein Bauch- und Instinktpolitiker

In der Hauptwahl wird also Trump gegen Hillary Clinton antreten, das darf jetzt als ziemlich sicher gelten. Dieses Duell wird zu einem inneramerikanischen Clash of Civilizations. Man kann sich ausmalen, wie unterhaltsam die Dialoge in den Fernsehdebatten verlaufen könnten. Clinton will über das Gesundheitswesen, die Einwanderungsreform, die Handelspolitik oder Syrien reden. Und Trump wird kontern: Hillary, du willst Amerika regieren? Du kannst nicht mal deinen Mann kontrollieren!
Sie kommunizieren – und sie punkten – auf völlig verschiedenen Ebenen. Ein wahrer Dialog kann da kaum zustande kommen. Dafür sind ihre Charaktere zu gegensätzlich. Und ihre Stärken und Schwächen zu unterschiedlich. Clinton erinnert ein bisschen an eine Streberin in der Schule. Sie ist fleißig, sie kennt sich in den Sachargumenten aus. Schon jetzt im Wahlkampf breitet sie gerne ihre Detailkenntnis aus – ohne lange zu fragen, ob ein durchschnittlicher Wähler es überhaupt so genau wissen will. Charisma hat sie eher nicht. Trump ist das genaue Gegenteil. Er ist ein Bauch- und Instinktpolitiker. Er pflegt die Aura der Überlegenheit, sie ist sein Trumpf. In der Sachpolitik kennt er sich nicht nur nicht aus. Er lässt durchblicken, dass er sich dafür gar nicht interessiert. Er kennt nicht einmal die genaue Position der Partei, für die er antritt, in Abtreibungsfragen. Für die Details hat ein Generalist wie er Fachleute. Er lebt davon, dass er die bisher geltenden Regeln bewusst bricht und dass seine Wähler darin sogar eine Stärke sehen.

Ted Cruz und John Kasich sind k.o.

Gewiss, man darf – ja: man muss – die Frage stellen: Ist das nicht nur eine Rolle, die Trump da spielt, weil sie ihm derzeit nutzt? Mehrfach haben seine Vertrauten oder er selbst angedeutet, dass er auch anders könne: präsidialer eben. Doch jedes Mal dauerte es nur wenige Tage, und Trump fiel in die gewohnte Pöbelei zurück. Auch jetzt, nach dem souveränen Sieg in fünf Staaten im Nordosten, hätte er die Gelegenheit gehabt, den Ton zu wechseln. Es wäre taktisch klug. Die innerparteilichen Rivalen Ted Cruz und John Kasich sind k.o. Da hat er recht. Nun müsste er allmählich beginnen, sich um seine Schwachstellen zu kümmern. Wenn es ihm nicht gelingt, mehr weibliche und mehr Latino-Wähler zu gewinnen, wie will er eine Stimmenmehrheit erzielen? Doch Trump teilt in seiner Siegesrede erneut Tiefschläge gegen Hillary aus: Wäre sie ein Mann, würde sie gerade fünf Prozent erreichen. So wird das nichts mit dem Werben um Wählerinnen. Es stimmt, er wird sie nicht mit ihren Waffen schlagen: der Sachkompetenz. Und sie kann ihn nicht mit seinen Waffen bezwingen: dem Macho-Auftreten. Aber das heißt zugleich: Die Amerikaner haben wirklich eine Wahl.

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