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Vier Millionen Muslime leben in Deutschland – gut 30 000 gelten als islamistisch, als gewaltbereit ein Bruchteil dieser Zahl.

© dpa

"Präventionsgipfel": Migration und Integration: Von Gipfel zu Gipfel

Die Islamkonferenz war Sache seiner Vorgänger – der neue Innenminister Hans-Peter Friedrich schafft nun eine weitere Gesprächsrunde.

Berlin - Denunziantentum? Der Minister zeigt Entrüstung: Der Verdacht, er arbeite einer „Kultur der Denunziation“ zu, der habe ihn „tief getroffen“, sagt Hans- Peter Friedrich (CSU). Dies sei ein demokratisches Land, und vielleicht sollte man die Sicherheitsbehörden lieber als „Selbsthilfeorganisationen der Bürger“ sehen denn als Lauscher und Verdächtiger.

Der Minister hat, seit er dieses jüngste Gremium auf dem von ihm beackerten Feld der Migration und Integration einrichtete, ein Kommunikationsproblem damit: Schon die Deutsche Islamkonferenz beschäftigt sich seit 2006, von Beginn an, mit Sicherheitsfragen, und dies keineswegs am Rande – schließlich ressortieren Religionsfragen hierzulande ja im Sicherheitsressort, dem Innenministerium. Ebenso alt ist der Streit darum, dass dies den Kurzschluss zwischen muslimischer Religion und Extremismus befördere.

Dieser Streit belastete die DIK unter ihrem Erfinder Wolfgang Schäuble , stärker noch unter seinem Nachfogler Thomas de Maizière (beide CDU). Nach dem Ausschluss des Islamrats durch de Maizière hatte auch der Zentralrat der Muslime (ZMD), einer der vier großen muslimischen Verbände – unter Hinweis auf diese Verbindung – die Teilnahme an der Konferenz 2010 abgesagt. Friedrichs Idee, die Konferenz noch stärker der „Prävention“ zu widmen, führte dann im März zum Eklat, diesmal nicht mit den Verbänden, sondern mit den sogenannten muslimischen Einzelpersönlichkeiten: Neun dieser zehn Mitglieder der DIK verwahrten sich in einer gemeinsamen Erklärung gegen die erneute Betonung des Sicherheitsaspekts auf Veranstaltungen, deren Thema Religion und Gesellschaft sind.

Friedrich reagierte und koppelte das heikle Thema aus – auch wenn er am Freitag betonte, die DIK werde nicht aufhören, sich der Sicherheitsfrage gleichfalls annehmen. Das Ergebnis heißt „Präventionsgipfel“ und auch der Zentralrat der Muslime ist wieder dabei, trotz harter Kritik im Vorfeld. Anfang Juni hatte das Innenministerium ihn noch rasch nacheingeladen. Was muslimische Verbände bewegen mag, ausgerechnet in diese rein sicherheitspolitische Veranstaltung einzusteigen, wurde auf der Pressekonferenz mit dem Minister und den Chefs von Bundeskriminalamt und Verfassungsschutz am Freitag deutlich: Man werde zeigen, sagte der ZMD-Vorsitzende Aiman Mazyek, dass „die Muslime nicht das Problem sind, sondern Teil der Lösung“.

Mazyek und der Vertreter der türkisch-islamischen Ditib, Murat Kayman, nahmen die Gelegenheit wahr, sich als moderate Garanten gegen Extremismus zu bewerben (Mazyek: „Wer die Mitte stärkt, schwächt die Ränder“) und auf all das zu verweisen, was in ihren Verbänden schon länger in Sachen Gewaltprävention und Extremismusverhinderung läuft: Internetangebote, Betreuung muslimischer Strafgefangener, Grundgesetzschulungen für Imame, die Entwicklung entsprechender Handreichungen für die Predigten oder die Ausbildung von Hunderten von Ansprechpartnern für muslimische Eltern, die das Abdriften ihrer Kinder in extremistische Kreise spüren, aber keine Mittel sehen, das zu verhindern. Alles Dinge, so Mazyek, „die eine größere Öffentlichkeit haben sollten“.

Die verspricht man sich anscheinend vom neuen Gipfel. Zumal man, so höflich der Hamburger Ditib-Mann Kayman, den „geschätzten Beiträgen“ der Sicherheitsleute am Runden Tisch im Ministerium habe man entnehmen dürfen, dass auch sie Extremismus für ein Phänomen hielten, das „außerhalb der Moscheegemeinden“ zu suchen sei.

Innenminister Friedrich hatte auf die Frage, was sein neuer Gipfel Neues bringen solle, erneut eher vage Antworten: noch mehr Vernetzung, noch mehr Austausch. Dass gerade der große und immer wieder als extremistisch verdächtigte Islamrat auch von diesem allein der Kriminalität und ihrem Vorfeld gewidmeten Gipfel ausgeschlossen bleibt, begründete er mit dem Hinweis auf die sehr vielen muslimischen Organisationen, die man ja nicht alle einladen könne. Und stellte zugleich Änderungen in Aussicht: Es gelte, die Entwicklung der nächsten Jahre abzuwarten.

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