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Presseschau: Abschied ohne Tränen

Ein Blick durch den deutschen Blätterwald: Heute mit dem Napoleon von der Saar.

Von Lutz Haverkamp

Berlin - Er war ein ganz großer in dieser Republik. Er führte die Sozialdemokratie, er war Ministerpräsident, Kanzlerkandidat, Bundesfinanzminister. Jetzt tritt er ab, zumindest von der großen Bühne. Oskar Lafontaine verzichtet auf die Bewerbung um ein Bundestagsmandat bei der kommenden Wahl im September. Ein Abschied ohne Tränen.

Chefredakteur Stephan Andreas Casdorff schreibt im Tagesspiegel: „Bloß sollten sich seine Gegner nicht zu sicher fühlen. Im Bundestag wird es ihn nicht geben - in den Talkshows dieser Republik aber, da wird er weiter zu hören sein. Und Wahlkampf machen für die Partei, die es ohne ihn gar nicht (mehr) gäbe.“

Bemerkenswert ist, wie unterschiedlich die Zeitungen das Ereignis werten. Die Haus- und Hofzeitung der Linken, „Neues Deutschland“ notiert es nachrichtlich am Rande auf der Seite 6 und verzichtet gänzlich auf eine kommentierende Einordnung. Die Berliner „tageszeitung“ hingegen, widmet dem Saarländer fast eine ganze Seite 2 und schreibt unter der Zeile „Der allerletzte Rücktritt“, dass die Linke nun ohne ihn auskomme.

Die „Berliner Zeitung“ zieht einen Vergleich mit dem Bankensektor, dessen Auswüchse  Lafontaine so lange, so leidenschaftlich bekämpft hat: Lafonataine ist für die Linke eingentlich, was die Deutsche Bank für das deutsche Finanzsystem ist: too big to fail. Doch umgekehrt gilt: Neben ihm kann Neues nicht wachsen.“

Das Handelsblatt attestiert ihm, dass die „SPD viele seiner Forderungen übernommen hat“. 

Die „Bild“ macht Lafontaine zum „Verlierer des Tages“ auf der Seite 1 und meint sehr kurz und sehr knapp nur: „Adé.“ Irgendwie kommt beim Leser der Verdacht auf, die Zeitungen glauben dem Napoleon von der Saar den Abschied nicht. Und Lafontaines persönliche Lebensgeschichte liefert durchaus einige Indizien dafür, dass sie recht behalten könnten.

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