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Politik: Prestige-Gewinn mit Risiko

Von Thomas Seibert, Istanbul und Hans Monath, Berlin Mit der Übernahme des Kommandos über die internationale Schutztruppe in Afghanistan (Isaf) an diesem Donnerstag lässt sich die Türkei auf ein Abenteuer ein. Zum ersten Mal seit einem halben Jahrhundert engagiert sich die Türkei mit einem großen Truppenkontingent in einem entfernten Konflikt; dabei stehen auch zum ersten Mal deutsche Soldaten unter türkischem Befehl.

Von Thomas Seibert, Istanbul

und Hans Monath, Berlin

Mit der Übernahme des Kommandos über die internationale Schutztruppe in Afghanistan (Isaf) an diesem Donnerstag lässt sich die Türkei auf ein Abenteuer ein. Zum ersten Mal seit einem halben Jahrhundert engagiert sich die Türkei mit einem großen Truppenkontingent in einem entfernten Konflikt; dabei stehen auch zum ersten Mal deutsche Soldaten unter türkischem Befehl.

Das Isaf-Kommando über 5000 Soldaten aus 19 Nationen stärkt zwar die Position Ankaras als Verbündeter Washingtons und die Sonderrolle der Türkei als einziger muslimischer Nato-Staat. Doch dieser Prestige-Gewinn ist mit Risiken verbunden: Möglicherweise werden die türkischen Soldaten länger in Kabul bleiben müssen, als ihnen lieb ist. Der Führung in Ankara ist sehr daran gelegen, die politische Symbolkraft des Afghanistan-Abenteuers herauszustreichen. In den Beziehungen zur EU, im Zypern-Konflikt und beim Thema Irak ist Ankara gefordert – doch die Krankheit von Ministerpräsident Bülent Ecevit und der Dauerkrach in seiner Koalition schwächen die türkische Außenpolitik. Zwar versucht die Regierung, den Eindruck von Kontinuität zu erwecken. So nimmt Staatspräsident Ahmet Necdet Sezer am EU-Gipfel in Sevilla teil, weil Ecevit ausfällt. Dennoch: „Man hat den Eindruck, dass die blockiert sind“, sagen EU-Diplomaten über ihre türkischen Kollegen.

Die unklare Haltung der Regierung in Ankara wird auch die deutsche Außenpolitik bald wieder stärker beschäftigen: Wenn die Frage aktuell wird, ob die Türkei zu EU-Beitrittsverhandlungen geladen werden soll. Im Spätsommer werden im Auftrag der EU-Kommission die „Fortschrittsberichte“ erstellt, in denen Anwärter-Staaten auf ihre EU-Tauglichkeit bewertet werden. Trotzdem gilt es nicht als wahrscheinlich, dass das deutsche Urteil über die Fortschritte der Türkei hinsichtlich der EU-Kriterien allzu positiv ausfällt. „Da wird es keinen politischen Rabatt geben“, heißt es in Regierungskreisen. Es gebe Fortschritte, „aber es ist noch ein weiter Weg bis zu einer Entscheidung“. Zu den von der EU geforderten Reformen zählen die Abschaffung der Todesstrafe und die Zulassung des Schulunterrichts in kurdischer Sprache.

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