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Politik: Private Unternehmer statt Beamte?

Länderplan für die Gerichtsvollzieher

Berlin - Stehen bei deutschen Schuldnern demnächst keine freundlichen, verbeamteten Gerichtsvollzieher mehr vor der Tür, sondern eher grimmige Geldeintreiber, die nicht ganz so zimperlich vorgehen? So lautet eine Befürchtung, sollte ein Gesetzentwurf aus dem Bundesrat Wirklichkeit werden. Der sieht vor, das Gerichtsvollzieherwesen quasi zu privatisieren – aus staatlichen Beamten sollen Unternehmer werden. Diese „Beliehenen“ haben weiter hoheitliche Aufgaben und unterliegen daher einer staatlichen Aufsicht. Und diese Aufsicht, detailliert im Gesetz geregelt, werde verhindern, dass die Vollstrecker der Gerichtsbeschlüsse künftig rabiat vorgingen, sagen die Befürworter des Vorstoßes.

Zu ihnen gehört der baden-württembergische Bundesratsminister Wolfgang Reinhardt (CDU). Er hält das gegenwärtige System für wenig effizient und wegen der eher niedrigen Gebühren für den Staat auch zu teuer. 200 Millionen Euro kostet die Länder das Gerichtsvollzieherwesen bislang im Jahr. Damit die eigenständigen Gerichtsvollzieher aber auf ihre Kosten kommen, müssen die Gebühren erhöht werden. Vor allem durch eine neue Erfolgsgebühr, die deutlich höher sein wird als die bisherige Standardgebühr von 12 Euro 50 pro Stunde. Die Gebühr muss in der Regel der Schuldner bezahlen – wenn er denn kann.

„Wir tragen das mit“, sagt Bayerns Bundesratsministerin Emilia Müller (CSU). Sie sieht darin vor allem eine Ergänzung der in Bayern seit einigen Jahren vorangetriebenen Verwaltungsreform. „Wir könnten so bis zu 700 Beamte einsparen“, erklärt sie. Hinter dem Vorstoß steckt auch die Erfahrung, dass vor allem Handwerksbetriebe zunehmend auf unbezahlten Rechnungen sitzen bleiben und die folgende Vollstreckung sehr lange dauert. Es gebe mittlerweile ein „Vollzugsdefizit“, wird in Länderkreisen eingeräumt.

Der Bundesverband der Gerichtsvollzieher hat keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Reform, wohl aber Kritik im Detail angemeldet. In Frankreich oder den Benelux-Ländern funktioniere das selbstständige Gerichtsvollzieherwesen seit Jahren gut, Probleme mit der Rechtsstaatlichkeit gebe es nicht, heißt es in einer Stellungsnahme des Verbandes. Er will zum Beispiel noch erreichen, dass das Aufgabenspektrum der Gerichtsvollzieher erweitert wird.

Die Antragsländer Niedersachsen, Baden-Württemberg, Hessen und Mecklenburg-Vorpommern müssen eine klare Mehrheit der anderen Länder hinter sich bekommen. Denn für den Vorstoß muss am Ende auch das Grundgesetz geändert werden, wozu es einer Zweidrittelmehrheit bedarf. Ob der Bundestag mitmacht, ist derzeit noch unklar. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) ist gegen den Ländervorstoß.

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