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Pro Atomkraft: Forschungsministerin hält Studie zurück

In einer Studie sprechen sich Forscher grundsätzlich für neue Atomkraftwerke aus. Brisant dabei ist der Auftraggeber: das CDU-geführte Forschungsministerium. Wegen ihres Inhalts dann auch erst nach der Wahl öffentlich werden.

Ortwin Renn ist einer der profiliertesten Risikoforscher in Deutschland. Der Stuttgarter Professor wusste ziemlich genau, was passieren würde, wenn das von drei Wissenschaftsakademien im Auftrag des Bundesforschungsministeriums erarbeitete „Konzept für ein integriertes Energieforschungsprogramm für Deutschland“ zum falschen Zeitpunkt öffentlich würde. Die „Financial Times Deutschland“ zitiert einen Brief Renns an seine Kollegen, in dem er schreibt, es solle „erst nach der Bundestagswahl der Öffentlichkeit“ vorgestellt werden, „da sonst die Gefahr bestände, dass es im Wahlkampf untergeht oder zerredet wird“. Nachdem die „Financial Times“ Teile des Gutachtens zum Thema Atomkraft zitiert hatte, hat die Deutsche Akademie der Technikwissenchaften (Acatech) die Studie doch ins Netz gestellt und gleichzeitig bestritten, dass die Atomkraft eine herausragende Rolle in dem Konzept spiele.

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) forderte von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Klarheit. Zwar spreche sie von einer „Brückentechnologie“, doch sie lasse zu, dass Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) Gutachten in Auftrag gebe, „die schon mal den Neubau von Atomreaktoren untersuchen“. Die grüne Fraktionsvize Bärbel Höhn sagte: „Wenn im Forschungsministerium über den Bau neuer Atomkraftwerke nachgedacht wird, haben die Wähler ein Recht, das vor der Wahl zu erfahren.“ Das Forschungsministerium wies den Eindruck zurück, es handele sich um eine „Atomstudie“.

In der Studie heißt es wörtlich: „Abhängig von politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen könnte sich Deutschland aber in der Zukunft wieder an der Entwicklung und dem Bau von neuen Kernkraftwerken beteiligen.“ Weiter heißt es, dass sich in Deutschland „die Einsicht durchsetzen“ könnte, „dass die Kernkraft trotz der unbestreitbaren Risiken eine kostengünstige und konsensfähige Grundlast-Stromversorgung ohne CO2-Ausstoß bietet“. Allerdings haben auch die Forscher erkannt, „dass ein Wiedereinstieg nicht ohne größere gesellschaftliche Konflikte vonstatten gehen würde“. Zum Thema Endlagerung des Atommülls stellen sie fest, dass sowohl Steinsalz als auch Tongestein dafür infrage kommen könnten. Den größten Forschungsbedarf sehen die Autoren dabei bei der Akzeptanzförderung für ein Endlager in der Bevölkerung.

Das Gutachten enthält aber auch noch andere Überraschungen. Im Kapitel über erneuerbare Energien beispielsweise wird ausführlich über das „Sabotagerisiko“ für Stromübertragungsleitungen und das Erpressungspotenzial möglicher Rohstofflieferanten philosophiert. Außerdem halten die Autoren die Kernfusion für eine erneuerbare Energie mit großem Potenzial. Und bei den fossilen Energien geht es ausführlich um eine mögliche Ausbeutung von Methanvorkommen auf dem Meeresgrund. Da das dem Klima wohl weder bei der Förderung noch bei der anschließenden Verbrennung allzu förderlich wäre, geht es in diesem Kapitel vor allem darum, wie Kohlendioxid nicht in die Atmosphäre gelangen oder aus ihr wieder entfernt werden könnte.

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