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Politik: Prodi: Die Regeln der EU gelten für alle

Europäische Kommission will Stabilitätspakt retten / Merkel wirft Eichel Versündigung am Erbe der D-Mark vor

Brüssel/Berlin (msb/Tsp). Nach der Kampfabstimmung der europäischen Finanzminister um den EUStabilitätspakt hat die EU-Kommission eine „neue Initiative für Wachstum und Stabilität“ angekündigt. EU-Kommisionschef Romano Prodi warnte vor einer situationsbedingten Anwendung des Paktes. „Wir müssen uns alle an die Regeln halten.“ Frankreichs Finanzminister Francis Mer schlug vor, den Stabilitätspakt ab 2005 abzuändern. In der Generaldebatte zum Bundeshaushalt 2004 warf die CDU-Vorsitzende Angela Merkel der Regierung vor, sich „systematisch am Erbe der Deutschen Mark zu versündigen“.

Die Entscheidung gegen weitere Sparauflagen für Deutschland und Frankreich stelle einen „bedeutenden institutionellen Bruch“ dar, kritisierte der Währungskommissar Pedro Solbes während einer Sondersitzung der EU-Kommission. Darin verständigten sich die Kommissare darauf, die Finanzminister zu einer neuen Regelung aufzufordern. Diese müsse zu „mehr Verbindlichkeit in der Wachstums- und Stabilitätspolitik“ führen.

Nach der Sondersitzung kritisierte Prodi erneut die Entscheidung der Finanzminister. Es sei rechtlich nicht möglich, dass diese mit ad-hoc-Maßnahmen in ein laufendes Verfahren eingriffen und es aussetzten, sagte er. Es dürfe keine Regeln „à la carte“ geben. Prodi forderte eine neue Grundsatzdebatte über den Stabilitätspakt. Es sei erforderlich, die Verbindlichkeit gegenüber Wachstum und Stabilität zu erneuern. Die Vorgänge hätten gezeigt, dass die Situation „nicht länger befriedigend“ sei. Die Kommission werde deshalb jetzt neue Ziele und Instrumente vorlegen. Es sei nötig, dass die EU die Finanzpolitik im gemeinsamen Markt und in der Eurozone stärker bestimme.

Mer riet indes, den Pakt zu „verbessern“. Dies werde möglich, wenn 2005 eine neue EU-Kommission im Amt sei und die Wirtschaft wieder wachse. Dann müsse geregelt werden, wie die Euro-Staaten von den wirtschaftlich „fetten Jahren“ profitieren könnten, um besser durch die „mageren Jahre“ zu kommen. Ein Sprecher von Finanzminister Eichel sagte jeodch, Spekulationen über eine Revision des Paktes seien „nicht angebracht“.

Kanzler Gerhard Schröder (SPD) nannte das Regelwerk „interpretationsfähig“. Schröder sagte, die Abwehr des Defizitverfahrens sei für Deutschland „ökonomisch vernünftig“, weil es das Vorziehen der Steuerreform ermögliche. Schröder mahnte angesichts des Vermittlungsverfahrens um die Reformgesetze „mehr patriotisches Verhalten“ bei der Opposition an. Merkel erklärte sich zwar zum Konsens bereit, aber „nicht um jeden Preis“. Sie warnte die Regierung, zu große Zugeständnisse zu erwarten. Nach den „Eskapaden in Brüssel“ sei das Vorziehen der Steuerreform „nicht einfacher geworden“.

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