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Politik: Prodi kann mit Mehrheit im Parlament rechnen - die Anhörung der designierten Kommissare ist beendet

Nach dem fast 60-stündigen Anhörungs-Marathon ist für die neuen EU-Kommissare die Zustimmung des Europaparlaments in Sicht. Als letzter der 19 Kandidaten musste sich am Dienstag der künftige Vizepräsident der Kommission, der Brite Neil Kinnock, den Fragen der Abgeordneten stellen.

Nach dem fast 60-stündigen Anhörungs-Marathon ist für die neuen EU-Kommissare die Zustimmung des Europaparlaments in Sicht. Als letzter der 19 Kandidaten musste sich am Dienstag der künftige Vizepräsident der Kommission, der Brite Neil Kinnock, den Fragen der Abgeordneten stellen. Damit gingen die Hearings in den Fachausschüssen zu Ende, die am Montag vergangener Woche begonnen hatten.

Der designierte EU-Kommissionspräsident Romano Prodi wollte am Dienstagnachmittag mit den Vorsitzenden der Parlamentsfraktionen und der Parlamentspräsidentin zusammenkommen, um über die Beurteilung seiner künftigen Mitarbeiter zu diskutieren. In Parlamentskreisen wird erwartet, dass eine große Mehrheit der Abgeordneten am 15. September für das neue Spitzenteam in Brüssel stimmen wird.

Die Sozialdemokraten im Europaparlament (SPE), die hinter den Konservativen und Christdemokraten (EVP) mit 180 Abgeordneten die zweitgrößte Fraktion sind, signalisierten nach dem Ende der Anhörungen Zustimmung zur neuen EU-Kommission. "Es scheint klar zu sein, dass wir unsere Unterstützung geben werden", sagte der stellvertretende SPE-Vorsitzende Hannes Swoboda in Brüssel. Die Fraktionen wollen aber erst Anfang kommender Woche in Straßburg ihr Abstimmungsverhalten festlegen. Auch die Grünen erwarten keine Ablehnung und rechnen im Gegenteil mit einer großen Mehrheit für die Kommission. In Kreisen der EVP war zu hören, dass eine deutliche Mehrheit für die gesamte Kommission zu Stande kommen werde. Kinnock, der ausschließlich für die Reform der EU-Behörde zuständig sein soll, kündigte am Dienstag vor den Abgeordneten eine umfassende Modernisierung der Brüsseler Verwaltung an. "Wir brauchen neuen, frischen Wind", sagte der Brite. Die EU-Kommission müsse als öffentliche Verwaltung den Bürgern dienen. Als Kernpunkte des Reformprogramms, das er im Februar 2000 vorlegen will, nannte er "Effizienz, Transparenz und Rechenschaftspflicht". Der geschlossene Rücktritt der EU-Kommission Mitte März nach Vorwürfen von Missmanagement habe die Notwendigkeit für tief greifende Veränderungen in der Brüsseler Behörde gezeigt.

Nach den je dreistündigen Hearings übten Parlamentarier Kritik an einzelnen Kandidaten. Als schwächster Anwärter wurde der Belgier Philippe Busquin angesehen, der künftig für Forschung zuständig sein soll. Die Fragen an den bisherigen Vorsitzenden der wallonischen Sozialisten konzentrierten sich auf seine mögliche Verwicklung in belgische Korruptionsskandale. Auch andere Kandidaten mussten ihre Position in verschiedenen Affären klären, wie zum Beispiel die Spanierin Loyola de Palacio.

Ohne Probleme schnitt der deutsche SPD-Politiker Günter Verheugen ab, der die EU-Erweiterung vorbereiten soll. Bei der Grünen Michaele Schreyer, die erstmals bei der Anhörung auf der Brüsseler EU-Bühne stand, wurde noch eine gewisse Unerfahrenheit bemängelt. Die künftige EU-Haushaltskommissarin Schreyer sprach sich dafür aus, dass die EU selbstständiger über ihre Finanzierung entscheiden soll. Dabei schloss sie auch eigene Steuern der EU nicht aus. "Ich will, dass wir über diesen Schritt diskutieren", sagte Schreyer dem Magazin "stern".

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