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Politik: Professor gegen Fallschirmspringer

Andreas Pinkwart will Jürgen Möllemann als FDP-Vorsitzender in Nordrhein-Westfalen ablösen

Von Jürgen Zurheide, Düsseldorf

Wie so oft in den Tagen vor der Wahl, war Andreas Pinkwart früh aufgestanden und hatte an den Straßenkreuzungen Bonns Faltblätter für die Liberalen verteilt. Als ein Mann die Fensterscheibe herunterdrehte und ihm zurief „das wird auch Zeit, dass mal endlich einer was gegen die Juden sagt“, hielt er einen Moment inne. „Dafür trete ich nicht an“, entgegnete er und spätestens dann wusste er, dass er wie auch Guido Westerwelle einen Fehler gemacht haben, als sie Jürgen Möllemann im Sommer bei dessen Streit mit Michel Friedman nicht energischer in die Schranken verwiesen hatten.

Wenn er heute im kleinen Kreis darüber redet, nimmt er die Hände zur Hilfe. Sein Blick wird energisch. „Nein, das ist nicht die liberale Partei, die ich mir vorstelle“, wiederholt er immer wieder und schüttelt den Kopf, wenn man ihn fragt, ob Jürgen Möllemann, der all diese Irritationen ausgelöst hat, über den Kurswechsel im Vorstand geredet habe: „Nein, das hat er nicht, er hat das immer abgestritten und mit der Gegenfrage ,hält mich hier jemand für einen Antisemiten’ reagiert". Dabei müsste es Pinkwart eigentlich genau wissen: Er sitzt seit 1992 im größten Bundesland neben Möllemann im Landesvorstand der FDP, seit 1996 als Vize-Chef.

Vor wenigen Tagen hat er verkündet, dass er nicht mehr mit Möllemann zusammenarbeiten und ihn als Landesvorsitzenden beerben will. Seither wird er immer wieder gefragt, wie er es geschafft habe, schon relativ lange zur Spitze der Partei zu gehören, aber über den eigenen Wahlkreis hinaus kaum bekannt zu sein. „Das hat auch damit zu tun, dass ich Politik bisher nur ehrenamtlich betrieben und mich in der Hauptsache um mein berufliches Fortkommen gekümmert habe“, antwortet er stets.

Als Professor für Betriebswirtschaftslehre der Universität Siegen kümmert sich Pinkwart besonders um die Existenzgründer. Wer ihn dort erlebt, schildert den 42-Jährigen als einen freundlichen Mann. Auch im FDP-Landesvorstand, dem er schon zehn Jahre angehört, erinnert sich keiner, dass Pinkwart seine höfliche Zurückhaltung je aufgegeben hätte – er war der ideale zweite Mann. Dennoch möchte er nun an die Spitze. Dass er alleine Möllemann und dessen Außenwirkung nicht ersetzen kann, weiß er. „Sie müssen Raum geben für mehr Köpfe“, heißt das in seiner Sprache. „Ich gehe davon aus, dass die Landtagsfraktion darauf achten wird, dass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit möglich sein wird“, quält er sich um die Frage herum, ob er nach einem Sieg darauf bestehen wird, dass Möllemann auch den Fraktionsvorsitz abgibt. Da sein Erfolg auf dem Parteitag wesentlich vom Rededuell mit dem bisherigen Chef abhängen wird, wissen seine Berater, dass sie noch viel Arbeit mit dem Herrn Professor haben.

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