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Politik: Professor Rolf Peffekoven: Die Vermögensteuer sollte abgeschafft bleiben (Meinung)

Die Gesetzgebungshoheit bei den Steuern liegt in Deutschland weitgehend beim Bund. Nach Artikel 105 Absatz 1 Grundgesetz hat der Bund die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und die Finanzmonopole.

Die Gesetzgebungshoheit bei den Steuern liegt in Deutschland weitgehend beim Bund. Nach Artikel 105 Absatz 1 Grundgesetz hat der Bund die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und die Finanzmonopole. Dieser Bereich spielt allerdings heute fiskalisch keine allzu große Rolle mehr: Die Zuständigkeiten für die Zölle sind auf die Europäische Union übergegangen, ein Finanzmonopol gibt es nur noch in Form des Branntweinmonopols. Über alle anderen Steuern hat der Bund nach Artikel 105 Absatz 2 Grundgesetz die konkurrierende Gesetzgebung, wenn ihm das Aufkommen aus einer Steuer ganz (zum Beispiel Mineralölsteuer) oder teilweise (zum Beispiel Einkommensteuer und Umsatzsteuer) zufällt oder soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich machen. Diese "Bedürfnisklausel" für eine bundesgesetzliche Regelung hat der Bund in der Vergangenheit extensiv für sich in Anspruch genommen. Steuern sind in Deutschland grundsätzlich bundeseinheitlich geregelt. Die Länder haben bei den ihnen zufließenden Steuern keinerlei Autonomie.

In der Diskussion um die Reform der Finanzverfassung wird jedoch seit Jahren - vor allem von wissenschaftlicher Seite - gefordert, den Ländern eine (wenn auch begrenzte) Steuerautonomie zu verleihen: entweder indem man ihnen das Gesetzgebungsrecht für einzelne Steuern zuweist oder aber bei bundeseinheitlich geregelten Steuern ein Zuschlagsrecht einräumt. Die Folge wäre ein Mehr an Steuerwettbewerb zwischen den Ländern, von dem man Effizienzsteigerungen erwarten darf. Zudem könnte damit den Bürgern und Unternehmen in den einzelnen Ländern der Zusammenhang zwischen öffentlichen Ausgaben und Steuerzahlungen deutlicher gemacht werden, was die Kontrolle der finanzpolitischen Aktivitäten erleichtern würde und tendenziell zu einer sparsameren Verwendung öffentlichen Geldes führen könnte.

Insoweit ist der Vorschlag des Bundeskanzlers, den Bundesländern eine verstärkte Gesetzgebungskompetenz zu verschaffen, unter dem Gesichtspunkt eines effizienten Föderalismus grundsätzlich zu begrüßen. Die negativen Reaktionen einiger Ministerpräsidenten sind wohl eher damit zu erklären, dass es sich im heutigen Steuerkartell der Länder angenehmer leben lässt als in der rauen Luft des Steuerwettbewerbs.

Entscheidend ist allerdings die Frage, bei welchen Steuern man länderweise unterschiedliche Regelungen zulassen sollte. Hierzu schlägt der Bundeskanzler leider ein untaugliches Instrument vor: die Wiedereinführung der Vermögensteuer. Dagegen sprechen verfassungsrechtliche und ökonomische Argumente, egal, ob eine Vermögensteuer bundeseinheitlich oder länderweise differenziert geregelt wird.

Zunächst gibt es verfassungsrechtliche Bedenken. Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahre 1995 die damals erhobene Vermögensteuer als nicht verfassungskonform bezeichnet, weil der sogenannte Halbteilungsgrundsatz verletzt werde: Die Vermögensteuer darf zu den übrigen Steuern auf den Ertrag nur hinzutreten, soweit die steuerliche Gesamtbelastung der Erträge in der Nähe einer hälftigen Teilung zwischen Vermögenseigentümer und Staat verbleibt. Damals betrug der Spitzensteuersatz der Einkommensteuer 53 Prozent und der noch hinzukommende Solidaritätszuschlag 7,5 Prozent der Einkommensteuerschuld. Insoweit war - zumal bei Beziehern höherer Einkommen - kein Raum für eine zusätzliche Vermögensteuer. Das gilt immer noch; denn nach der geplanten Reform der Einkommensteuer soll der Spitzensteuersatz bei 48,5 Prozent liegen, und der Solidaritätszuschlag beträgt derzeit 5,5 Prozent.

Daneben gibt es ökonomische Bedenken: Die Vermögensteuer soll nicht die Vermögenssubstanz, sondern die Vermögenserträge besteuern. Letztere (Mieten, Pachten, Zinsen, Dividenden) werden aber bereits in der Einkommensteuer erfasst werden, um so weniger braucht man eine zusätzliche Vermögensteuer. Wenn man Eigentümer hoher Vermögen (und damit auch hoher Einkommen) steuerlich stärker belasten will, muss man den Abbau der von ihnen genutzten Steuervergünstigungen in der Einkommensteuer konsequent betreiben, nicht aber eine Vermögensteuer einführen.

Eine Vermögensteuer auch auf Betriebsvermögen würde eine zusätzliche, ertragsunabhängige Belastung der Unternehmen bringen und damit im Widerspruch stehen zu den Zielen der jetzt geplanten Unternehmensteuerreform. Deshalb wird vorgeschlagen, die Vermögensteuer nur auf (hohe) Privatvermögen zu erheben. Auch dieser Ansatz wird scheitern: Privatvermögen und Betriebsvermögen sind nur unter erheblichem Verwaltungsaufwand eindeutig zu trennen. Zudem führt die unterschiedliche Behandlung zu Ausweichreaktionen und damit zu neuen steuerlichen Ungerechtigkeiten.

Sämtliche Vorschläge für eine Wiedereinführung der Vermögensteuer sollten so schnell wie möglich zu den Akten gelegt, allerdings der Gedanke eines Steuerwettbewerbs zwischen den Ländern weiter verfolgt werden. Bereits im Jahresgutachten 1997 hat der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung dazu ein konkretes Modell zur Diskussion gestellt: Dem Bund fällt die ausschließliche Gesetzgebung über die Bemessungsgrundlage der Einkommen- und Körperschaftsteuer zu, während Bund, Länder und Gemeinden darauf eigene Steuertarife erheben können.Professor Rolf Peffekoven ist Direktor des Instituts für Finanzwissenschaft der Johannes Gutenberg-Universität und Mitglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.

Rolf Peffekoven

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