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© dpa

Prognosen: Europa rutscht nach rechts

Nach viertägigen Wahlen in den 27 Mitgliedsstaaten zeichnet sich am Sonntagabend ein erster Trend ab: Europa rutscht offenbar nach rechts. In mehreren EU-Ländern legten die Konservativen, aber auch die Europaskeptiker zum Teil deutlich zu.

In Deutschland konnte die Union nicht vom europäischen Trend profitieren

und büßte deutlich an Zustimmung ein. Dies kam allerdings nicht der SPD, sondern der FDP zugute.

Zugleich entflammte noch am Abend der Streit um den neuen deutschen EU-Kommissar. In den vergangenen Legislaturperioden hatten die Sozialdemokraten den EU-Posten besetzt, zuletzt mit Günter Verheugen als Industriekommissar und Vizepräsident der EU-Kommission. Dieser Kommissarposten sollte nach dem Willen der SPD vom Spitzenkandidaten der Sozialdemokraten, Martin Schulz, übernommen werden. Nach dem Absturz der SPD bekräftigte die Union derweil ihren Anspruch, wenngleich noch kein konkreter Name genannt wurde.

Der CDU-Spitzenkandidat Hans-Gert Pöttering betonte, CDU/CSU seien in der Frage seit etwa 20 Jahren bei der Auswahl eines deutschen EU-Kommissars nicht mehr berücksichtigt worden. Daher sei dies ein "sehr berechtigter Anspruch". Im Übrigen werde die Europäische Volkspartei (EVP) mit dem "tollen Ergebnis" bei der Europawahl "mit weitem Abstand" wieder die stärkste Fraktion im Europaparlament sein, fügte Pöttering als Europaparlamentspräsident hinzu.

99 deutsche Abgeordnete für Europa

In der vergangenen Legislaturperiode stellten die europäischen Konservativen der EVP 288 der insgesamt 785 Europaabgeordneten. Aus Deutschland kamen 49 EVP-Parlamentarier. Den Hochrechnungen zufolge dürfte diese Zahl deutlich auf 42 schrumpfen. Allerdings zeichnete sich ab, dass andere EU-Staaten wie Österreich oder die Niederlande mehr konservative Abgeordnete nach Straßburg entsenden werden.

Deutschland kann im neuen Europaparlament wie bisher 99 Abgeordnete stellen. Während die Union mit Sitzverlusten rechnen musste, konnten sich die Liberale freuen. Erstmals mit einem zweistelligen Ergebnis bei einer Europawahl dürften sie voraussichtlich zwölf EU-Abgeordnete stellen. FDP-Chef Guido Westerwelle kommentierte dies für die FDP begeisternde Ergebnis mit einem aus der "Ode an die Freude" entlehnten Zitat: "Freude, schöner Götterfunke!" Ergebnisse der am Donnerstag gestarteten Europawahl dürfen laut EU-Vorgaben erst nach Schließung des letzten Wahllokals in Europa veröffentlicht werden - das ist um 22 Uhr in Italien. Dennoch sickerten bereits erste Informationen durch. Nach inoffiziellen Ergebnissen aus den Niederlanden wurde die antieuropäische Partei für die Freiheit auf Anhieb zweitstärkste Kraft hinter den Christdemokraten. Die Sozialdemokraten mussten - wie in Deutschland - herbe Verluste einstecken.

Wahlbeteiligung in Deutschland fast gleich bleibend

In Frankreich wurde mit einem Sieg der konservativen UMP von Präsident Nicolas Sarkozy gerechnet, in Italien zeichnete sich ein deutlicher Vorsprung für die konservative Berlusconi-Partei PDL ab. In Österreich legte den Hochrechnungen zufolge die rechtspopulistische FPÖ stark zu, die mit antisemitischen Sprüchen Wahlkampf gemacht hatte. Auch in Zypern siegten offenbar die Konservativen. In Bulgarien mussten die regierenden Sozialdemokraten den Prognosen zufolge eine Schlappe einstecken. In Griechenland hingegen deutete sich ein Sieg der oppositionellen Sozialisten an.

Allerdings schien Europa bei der siebten Direktwahl weniger Menschen zu interessieren als zuvor. In Deutschland könnte die Wahlbeteiligung, die 2004 bei 43 Prozent lag, in etwa gleich bleiben.

André Spangenberg[ddp]

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