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Politik: Programm Royal

Frankreichs sozialistische Kandidatin sagt jetzt, was sie will – und hofft, wieder Umfragen zu gewinnen

Der Präsidentschaftswahlkampf in Frankreich ist in seine heiße Phase eingetreten. In den vergangenen Wochen hat Nicolas Sarkozy, der Kandidat der konservativen Regierungspartei UMP (Union pour un mouvement populaire), die politische Debatte dominiert. Nun versucht die zuvor als „Madonna der Umfragen“ gefeierte Kandidatin der oppositionellen Sozialisten, Ségolène Royal, am Sonntag mit der Vorstellung ihres Wahlprogramms die Debatte wieder an sich zu reißen. In einer immer wieder von Beifallsstürmen unterbrochenen Rede vor über 20 000 Anhängern in einer Messehalle im Pariser Norden trat sie für eine klar links orientierte Regierungspolitik zur Herstellung einer „wirtschaftlich und sozial gerechten Ordnung“ ein.

Sarkozy warb gleichzeitig bei einer Kundgebung seiner Unterstützungskomitees in der Pariser Mutualité, einem historischen Versammlungsort der Linken, für eine politische Öffnung über die Parteigrenzen hinaus. Beide betonten, sie wollten Präsident beziehungsweise Präsidentin „aller Franzosen“ sein.

„Heute schlage ich Ihnen einen Präsidentschaftspakt vor: hundert Vorschläge, damit Frankreich wieder seinen Ehrgeiz, seinen Stolz und seine Brüderlichkeit findet.“ Mit diesen Worten stellte Royal das Programm vor, das sie nach einem Sieg bei der Wahl im Frühjahr verwirklichen will. Viele Punkte finden sich bereits im Wahlprogramm der Sozialisten, andere greifen Vorschläge aus den 6000 Bürgerdebatten auf, die die Parteisektionen auf Betreiben Royals in den vergangenen Wochen überall in Frankreich organisierten und an denen sich nach ihren Worten auch im Internet zwei Millionen Menschen beteiligt hatten. „Es geht nicht mehr an, dass im Dunkeln Programme redigiert werden, die schnell wieder vergessen werden“, sagte Royal. „Mit mir wird Politik nie wieder ohne euch gemacht werden.“

Als Präsidentin will Royal unter anderem den gesetzlichen Mindestlohn auf 1500 Euro im Monat anheben. Arbeitslose sollen ein Jahr lang 90 Prozent des letzten Lohns aus öffentlichen Mitteln erhalten. Kleine Renten will sie um fünf Prozent erhöhen, zu Schuljahresbeginn höhere Zuschüsse geben. Wenn Bürgerbegehren mehr als eine Million Unterschriften vorweisen, soll sich das Parlament mit ihren Vorhaben befassen.

Royal war allein auf die Bühne getreten. Gestaltet hatte sie der Szenearchitekt Patrick Bouchain, der 1988 schon für Präsident Mitterrand im Wahlkampf tätig war. In den ersten Reihen saßen bis auf Ex-Premier Lionel Jospin alle Parteigrößen, auch Dominique Strauss-Kahn und Laurent Fabius, ihre unterlegenen Rivalen um die Präsidentschaftskandidatur der Partei. Zu den prominenten Gästen zählten die Schauspieler Jeanne Moreau und Charles Berling und der Schriftsteller Philippe Besson.

Royals Wahlkampfstrategie war in den vergangenen Tagen stark kritisiert worden. Ihr Konzept, erst die Phase der Anhörung zu beenden und dann ihre Vorschläge zu veröffentlichen, war nicht nur in der Partei, sondern laut Umfragen auch bei ihren Anhängern angesichts des offensiven Vorgehens Sarkozys auf Unverständnis gestoßen. Nach den Erhebungen der Meinungsforscher war Royal gegenüber Sarkozy bei den beabsichtigten Stimmabgaben sowohl zur ersten wie auch zur zweiten Wahlrunde abgefallen. Die Sozialisten hoffen nun, dass Royals Wahlkampf durch das Programm Schwung gewinnt.

Sarkozy warb unterdessen für die Überwindung der Rechts-links-Spaltung. Für ihn gebe es nur ein Frankreich.

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