zum Hauptinhalt

Protest-Bewegung: Der arabische Frühling erreicht die Wall Street

"Der Kapitalismus funktioniert nicht" - Äußerungen wie diese sind bei den Protesten an der Wall Street in New York zu hören. Die "Occupy"-Bewegung breitet sich schnell aus. Doch ganz neu ist sie nicht.

Soziale Gerechtigkeit, weniger Macht für die Banken: Das sind die zentralen Forderungen, für die dieser Tage tausende Menschen in Amerika auf die Straße gehen. An New Yorks Börse ging es am 17. September los - bis jetzt sind es insgesamt 147 amerikanische Städte, die sich der Bewegung angeschlossen haben. Die Zahl der Beteiligten wächst und wächst. Unter dem Slogan "Occupy Wall Street" wollen sie auf die sozialen Missstände aufmerksam machen, an denen ihrer Meinung nach die Wirtschaftskrise schuld ist.

"Die Proteste sind keine neue Bewegung", das ist das Urteil des Protestforschers Simon Teune vom Wissenschaftszentrum für Sozialforschung in Berlin. Was seiner Ansicht nach übersehen wird, ist, dass die Protestbewegung ursprünglich von Spanien und Griechenland ausging, angeregt durch die Proteste des arabischen Frühlings. Sie schwappte sozusagen von Europa in die USA. In Deutschland gab es im Sommer auch schon kleinere Protestaktionen wie im August am Alexanderplatz, wo ungefähr 30 Menschen nach spanischem Vorbild campieren wollten.

Kleinere Proteste dieser Art wurden allerdings von der Öffentlichkeit kaum beachtet. Der Protestforscher hat dafür eine einfache Erklärung: "Die Proteste in den USA haben eine enorme Symbolkraft, da sie an der Wall Street, dem Zentrum des Casino-Kapitalismus, stattfinden." Teune schließt nicht aus, dass die Proteste in Europa durch die Medien-Aufmerksamkeit wieder aufflammen können. Auch die Rolle, die Facebook bei den weltweiten Bewegungen beigemessen wird, sieht Teune differenziert: "Facebook und ähnliche Foren sind eher die Medien um sich gegenseitig auszutauschen, sie lösen die Proteste aber nicht aus."

Am 15. Oktober ist ein weiterer Aktionstag geplant - weltweit soll es zu Protestaktionen kommen. Über Facebook und auf der Internetseite www.15october.net organisieren sich die Protestler. Ihre Forderung: "wahre Demokratie". So organisiert das Netzwerk Attac in verschiedenen deutschen Städten dezentrale Veranstaltungen, auch an der Europäischen Zentralbank in Frankfurt ist ein Protestmarsch geplant. Doch können die jetzigen Proteste Veränderungen auslösen? Protestforscher Teune denkt ja. "Es kann nicht ignoriert werden, dass weltweit so viele Menschen auf die Straße gehen." Ähnlichkeiten gibt es auch zu der Studentenbewegung von 1968. Doch die gesellschaftliche Akzeptanz ist breiter. "Nur von einer Jugendbewegung zu sprechen, wäre zu begrenzt", sagt Teune. Man müsse sich die Fotos nur genauer ansehen.

Eins ist jedoch laut dem Experten sicher: "Wir befinden uns derzeit auf einem Mobilisierungs- und Protest-Hoch. Allerdings entwickeln sich Proteste wellenförmig: Auf ein Hoch folgt immer ein Tief."

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false