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Politik: Protest gegen Saddam und die USA

Amerikaner schießen in Menschenmenge: zwölf Tote / Schiiten boykottieren Gespräche über Nachkriegsordnung

Bagdad/Washington (Tsp). Im Irak sind am Dienstag rund 100 Oppositionelle auf Einladung der USA zu ersten Gesprächen über eine Übergangsregierung zusammengekommen. Die größte schiitische Oppositionsgruppe lehnte ihre Teilnahme an dem Treffen aus Protest gegen die geplante Interimsverwaltung unter Führung des ehemaligen USGenerals Jay Garner ab. Nach der Einnahme der Stadt Tikrit ist die heiße Phase des Kriegs nach US-Einschätzung beendet. Bei einem Zwischenfall in Mossul sind nach Augenzeugenberichten mindestens zwölf Demonstranten von US-Soldaten getötet und dutzende verletzt worden.

Mehrere Augenzeugen berichteten der Nachrichtenagentur AFP, der von den USA eingesetzte Gouverneur der nordirakischen Stadt, Maschan al Dschuburi, habe eine Rede gehalten, auf die die Menge zunehmend erbost reagiert habe. Als die Demonstranten auf das Gebäude vorrückten und das Auto des Gouverneurs in Flammen aufging, hätten die US-Soldaten das Feuer eröffnet. Ein Notarzt sagte, möglicherweise seien etwa hundert Menschen verletzt worden. Ein US-Militärsprecher sagte dagegen, die Soldaten seien vom Dach eines Gebäudes beschossen worden und hätten das Feuer erwidert.

US-Präsident Bush sagte am Dienstag, der Sieg im Irak sei „sicher, aber noch nicht vollständig“. Nach Aussage von Verteidigungsminister Rumsfeld sind noch einige wenige Städte umkämpft. Die USA zogen zwei Flugzeugträger aus der Golfregion ab. Im Westirak ergaben sich 16 000 irkaische Soldaten. Für Hinweise auf den Verbleib der entmachteten irakischen Führung setzten die USA Belohnungen von bis zu 200 000 Dollar aus.

Zur Begründung ihres Boykotts des Oppositionstreffens in Ur sagte Abdul Asis Hakim, der Bruder des Führers des schiitischen „Hohen Rates für die islamische Revolution im Irak“, Ajatollah al Hakim, eine US-geführte Übergangsregierung sei ein Rückschritt in die Zeit des Kolonialismus. Die Teilnehmer der Konferenz einigten sich auf eine Erklärung, in der sie sich zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit bekennen, und vereinbarten ein Nachfolgetreffen in zehn Tagen. In Nassirijah versammelten sich etwa 20 000 Schiiten zu einer Kundgebung gegen die Versammlung. In Bagdad protestierten hunderte Iraker gegen die US-Besatzungsmacht.

Syrien wies den Vorwurf der US-Regierung zurück, das Land verfüge über Chemiewaffen und biete irakischen Führern Unterschlupf. Israels Ministerpräsident Scharon forderte die USA auf, „heftigen diplomatischen und wirtschaftlichen Druck“ auf das Nachbarland auszuüben und nannte Syriens Präsidenten Baschar al Assad gefährlich.

Bundeskanzler Schröder (SPD) und der britische Premier Blair erklärten nach einem Treffen in Hannover, sie seien sich einig, dass die UN eine starke Rolle beim Wiederaufbau des Irak übernehmen müssten.

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