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Der dienstälteste Alleinherrscher weltweit ist Gaddafi – und er will es bleiben. Am Sonntag, dem Prophetengeburtstag, inszenierte er die Einheit von Volk und Führer. Foto: rtr

© REUTERS

Proteste gegen Gaddafi: Auch Libyen begehrt auf

Die Volksaufstände in Tunesien und Ägypten inspirieren auch Proteste gegen Libyens Staatschef Gaddafi. Es kam zu Unruhen in mehreren Städten. Für Donnerstag haben Oppositionelle einen landesweiten "Tag des Zorns" geplant.

Inspiriert von den Volksaufständen in Tunesien und Ägypten haben sich am Dienstagabend tausende Demonstranten in Libyen mit Steinen und Brandsätzen schwere Straßenschlachten mit der Polizei geliefert. Die Menge in der Hafenstadt Benghazi rief „Nieder mit dem Regime“, „Das Volk wird Schluss machen mit der Korruption“ und „Für eine freie Opposition“ und zündete zahlreiche Autos an. Die Polizei antwortete mit Tränengas, Wasserwerfern und Gummigeschossen. Nach Angaben aus Krankenhäusern wurden dabei mindestens 38 Menschen verletzt. Auch in anderen Städten des Landes kam es zu kleineren Demonstrationen. Für diesen Donnerstag haben Regimegegner über Facebook in der Hauptstadt Tripolis zu einem „Tag des Zorns“ gegen Korruption und Nepotismus aufgerufen, den das Regime mit Demonstrationen loyaler Anhänger kontern will.

Bereits am Sonntag, dem Todestag des Propheten Mohammed, war Revolutionsführer Muammar Gaddafi demonstrativ in einer Moschee zum Gebet erschienen. Er ist mit 41 Amtsjahren der dienstälteste Potentat des Globus. Seine Anhänger skandierten „Nicht wie Mubarak oder Ben Ali, wir leben in Harmonie mit unserem Bruder Führer“. Sie hielten Plakate hoch mit der Aufschrift „Andere Leute zünden sich an, um ihre Regierungen abzusetzen. Wir aber werden die ganze Welt in Brand setzen, damit unser Bruder Muammar bleibt“. Die staatliche Nachrichtenagentur Jana berichtete am Dienstag über nächtliche Kundgebungen von Gaddafi-Anhängern in den Städten Tripolis, Benghazi und Sebha, bei denen der Slogan „Gott und Muammar und Libyen und sonst gar nichts“ skandiert worden sei.

Die Opposition dagegen will bei ihren Protestkundgebungen an die 14 Toten erinnern, die im Jahr 2006 bei einer Demonstration von Islamisten in Benghazi gestorben waren. Allerdings ist die Facebook- und Bloggerszene in Libyen sehr klein. Mitte 2010 gab es bei einer Bevölkerung von 6,5 Millionen Menschen im ganzen Land nur rund 300 000 Internetanschlüsse, von denen zwei Drittel noch mit extrem langsamen Analog-Modems betrieben werden. Auch wird das Internet streng kontrolliert. So wurde der Zugang zu Youtube vor einem Jahr längere Zeit blockiert, als auf der Plattform Videos wilder Partys von Verwandten Gaddafis hochgeladen worden waren.

Den Anstoß für die jüngsten Unruhen hatte offenbar die vorübergehende Verhaftung des Menschenrechtsanwalts Fethi Tarbel gegeben, der seit Jahren eine Untersuchung des Massakers 1996 im Abu-Salim-Gefängnis von Tripolis fordert. Damals kamen rund 1200 politische Gefangene ums Leben. Viele der Getöteten haben Angehörige in Benghazi, der mit rund 670 000 Einwohnern zweitgrößten Stadt Libyens. Sie gilt als Hochburg der Islamisten und hat eine lange Geschichte des Widerstands gegen das Regime von Gaddafi. Jahrzehntelang wurde die Stadt daher bei staatlichen Investitionen vernachlässigt. Offenbar um die Gemüter zu beruhigen, entließ das Regime am Mittwoch 110 Islamisten aus dem Gefängnis. Damit steigt die Zahl der in den letzten zwölf Monaten auf freien Fuß gesetzten politischen Gefangenen auf 360. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton rief die Bevölkerung zur Gewaltfreiheit auf und forderte die libysche Führung auf, freie Meinungsäußerung zu erlauben und auf die Forderungen der Demonstranten einzugehen.

Bei Zusammenstößen zwischen der Polizei und Gegnern von Präsident Ali Abdullah Salih sind am Mittwoch im Jemen ein Mensch getötet und 15 weitere verletzt worden. Augenzeugen und Oppositionelle berichteten, in der Hauptstadt sei es vor den Toren der Universität zu Ausschreitungen gekommen, nachdem sich Anhänger des Präsidenten einer Gruppe von mehreren Hundert Studenten entgegengestellt hatten. Bei den Demonstrationen bis zum Sturz von Ägyptens Präsident Hosni Mubarak sind nach vorläufigen Regierungsangaben 365 Menschen getötet worden. 5500 weitere Menschen seien verletzt worden. mit dpa/AFP

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